In der Begründung der Preisjury heißt es: »Marion Poschmanns Dichtung gewinnt seit ihrem Debütband ›Verschlossene Kammern‹ (2002) ihre Fragestellungen und Motive aus der ästhetischen Auseinandersetzung mit Philosophie und Naturmythologie, aber auch aus der Begegnung mit visuellen Impulsen und bildender Kunst. Bereits in ihren Gedichtbüchern ›Grund zu Schafen‹ (2004) und ›Geistersehen‹ (2010) hat Poschmann einen neuen Typus des Naturgedichts entwickelt, der die ästhetische Erfahrung von Landschaft auf neue Fundamente stellte. In ihrem neuen, meisterlichen Band ›Nimbus‹ (2020) hat Poschmann nun ihre Dichtkunst noch weiter verfeinert – mit Gedichten über die globalen Verheerungen der Natur, über flirrende Farbeindrücke, Phantasiereisen nach Sibirien und ›Stadtschamanen‹. In neun zyklisch angelegten Kapiteln, die mit freirhythmischen und auch klassischen Formen arbeiten, findet die Dichterin eine ungeheuer bildstarke Sprache für naturgeschichtliche Urszenen. Im Zentrum steht dabei ein Sonettenkranz über ›Die Große Nordische Expedition‹, der an eine abenteuerliche Reise des Sibirienforschers Johann Georg Gmelin angelehnt ist. Nimbus präsentiert Gedichte, die vom irreversiblen zerstörerischen Eingriff des Menschen in die Natur erzählen und zugleich der noch nicht verschwundenen Magie der einzelnen Naturphänomene zu sinnlicher Präsenz verhelfen. Die im Titelgedicht ›schwarze Wolke‹ ist nicht nur ein wetterkundliches Zeichen, sondern verweist auch auf die spirituelle Bedeutung von ›Nimbus‹ als Aura oder Gloriole. Marion Poschmanns fabelhaftes Gedichtbuch enthält filigran konstruierte, von Natur- und Kunsterfahrung getragene Texte, die uns die Welt vor Augen stellen, als sähen wir sie zum ersten Mal.«
Marion Poschmann, Heinz Kattner (Hrsg.)
Verschlossene Kammern. Gedichte
Marion Poschmann spricht in ihren Gedichten Gefühle nicht direkt an, sondern bindet sie an Objekte. Dabei verschiebt sie die Grenzen zwischen inneren Zuständen und äußeren Materialien, zeigt das Ich in dieser paradoxen Bewegung. Die Gedichte tragen in einer erkennbar eigenen Melodie ferne...
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