Dietrich Kittner zum 85. Geburtstag am 30. Mai 2020 Fünfzig Jahre lang stand der Kabarettist Dietrich Kittner auf der Bühne, um Politikern und Wirtschaftsvertretern die Leviten zu lesen. Das handelte ihm den Ausschluss aus der SPD ein und führte dazu, dass er im Fernsehen nicht mehr auftreten konnte. Seine Bühnenauftritte aber konnten ihm nicht verboten werden – und die waren stets ausverkauft. Nicht zuletzt wurde sein Wirken mit dem Deutschen Kleinkunstpreis geehrt. Dietrich Kittner (1935–2013) gründete schon im Alter von 25 Jahren ein eigenes Studentenkabarett. Später tourte er als Solokünstler kreuz und quer durch die Republik und konnte aufgrund seiner marxistischen Positionen als einer der wenigen Westkünstler auch in der DDR auftreten. In Hannover betrieb er gemeinsam mit seiner Ehefrau Christel drei Jahrzehnte ein eigenes Spielhaus: das Theater an der Bult und später das Theater am Küchengarten. Sylvia Remé erzählt in ihrer Biografie die Geschichte eines zeitlebens unbeugsamen, aber auch umstrittenen Künstlers. Indem sie Kittners politisch-satirische Kunst historisch einordnet, öffnet sie einen Weg, dessen Werk im siebten Jahr nach seinem Tod neu zu entdecken.
Mit Kindern gerät eine lange Urlaubsfahrt rasch zu einer Reise ins Herz der Finsternis. Und bei drei Töchtern genügt oft schon ein falsches Wort, um ein friedvolles Abendessen in Zickenkrieg ausarten zu lassen. »HAZ«-Redakteur Simon Benne zeigt in seinen Glossen, wie nah Chaos und Glück in einer ganz gewöhnlichen Familie beieinander liegen. Er serviert dem Leser ein launiges Jahr voller Abenteuer: Da geht es um Kindergeburtstage (die Hochämter des Unvorhersehbaren), das Nicht-Essen von Tieren (Fleisch ist aber okay), Sonnenfinsternisse (wer beschattet hier wen?), Urzeitkrebse (die Fünf-Minuten-Terrine für Fossilienfreunde), Vorweihnachtstage (in atemloser Besinnlichkeit) und Religionskriege mitten in der heimischen Küche. »Bennes Familiengeschichte in 100 Kapiteln – der größte Wurf seit den Buddenbrooks.« Hans-Peter Wiechers, HAZ
Die »Zeitschrift für kritische Theorie« ist ein Diskussionsforum für die materiale Anwendung kritischer Theorie auf aktuelle Gegenstände und bietet einen Rahmen für Gespräche zwischen den verschiedenen methodologischen Auffassungen heutiger Formen kritischer Theorie. Sie dient als Forum, das einzelne theoretische Anstrengungen thematisch bündelt und kontinuierlich zu präsentiert. www.zkt.zuklampen.de
Oft wird er bewundert, der Deutsche, geliebt aber wird er nie. Es geht ihm wie dem einsamen Streber auf dem Schulhof, man traut ihm gute Noten, aber auch allerlei Finsteres zu– was er dann leider auch zuverlässig liefert. Doch gibt es »den Deutschen« überhaupt, und warum gilt er in anderen Nationen noch immer als faustischer Mensch, unverbesserlicher Romantiker oder humorloser Grobian, wenn nicht gar ewiger Nazi? Der Deutsche fürchtet sich vor Deutschen und vor allem davor, im Ausland als Deutscher erkannt zu werden. Meist aber entlarvt er sich schon durch die unvorteilhafte Brille, die er trägt. Warum kleidet er sich so schlecht, ist erotisch unbegabt und spielt sich zugleich als Lehrmeister auf? Wie lebt er unter seinesgleichen, die sich dem Ideal der Gleichheit verschrieben haben und Unterschiede mit Argwohn betrachten? Aus der Art zu schlagen, ist unzulässig. Zu dieser Art aber gehören seit jeher auch Selbstkritik und Selbsthass. Recht bedacht, sind diese vielleicht sogar seine besten Eigentümlichkeiten. Wohl wissend, dass Dichtung und Wahrheit hier nah beieinanderliegen, widmet sich Jens Jessen den deutschen Befindlichkeiten und Befangenheiten. In seinem fulminanten Essay spießt er jene karikaturhaft überzeichneten Zuschreibungen auf, die nicht zuletzt von uns Deutschen selbst sorgfältig gehegt werden.
Christof Wackernagels Träume von 1978 bis 2020, die er schonungslos offen und ungekürzt protokolliert hat.
Kritische Theorie hat es mit Gegenständen zu tun, die als unvernünftig und insofern als falsch zu bestimmen sind. Damit stellt sich die Frage, wie in Wahrheit über Falsches zu reden sei, wie kritische Erkenntnis sich erkenntnistheoretisch begründen lasse; denn ließe sie sich nicht begründen, könnte sie keine Geltung beanspruchen und wäre keine Erkenntnis. Die kritische Theorie ist deshalb angehalten, sich von der Tradition philosophischer Erkenntnistheorie, die im Systembegriff kulminiert, abzugrenzen: nichts von ihr abstrakt durchzustreichen, aber alles mit Bestimmtheit der Kritik zu unterziehen. Dieser dritte Band der Reihe »Grundlinien kritischen Denkens» erörtert theoretische Grundlagen jeglicher Kritik, die mehr als bloße Haltung oder pragmatische Mitgestaltung sein will.
Phänomen Traum: Kunstwerk – und damit Gesellschaftsbild? Träume sind die Quelle der Kunst. Damit aber nicht genug. Sie sind ebenso Quelle der Utopie und bilden auf diese Weise, so zeigt Christof Wackernagel in »Politik des Traums«, die Grundlage für eine bessere Gesellschaft. Anhand der Protokolle seiner eigenen Träume macht Wackernagel eine Assoziationskette auf. Er deutet Träume nicht mehr nur als Spiegel eines je individuellen Zustands, sondern als Ausdruck des kollektiven Unbewussten. So vermag er den Zustand der Gesellschaft aus Träumen abzuleiten: Träume entpuppen sich in Wackernagels ebenso schonungsloser wie hintergründiger Traumanalyse als Soziogramme, als Albträume, die die Verfassung der Gesellschaft widerspiegeln, sowie als gesellschaftliche Wunschträume, die auf das träumende Individuum abgestimmte Maßstäbe für ein anderes Leben anbieten. »Der Traum deutet nicht die Verhältnisse, er stellt sie dar. Diese Darstellung kann helfen, die Verhältnisse zu erkennen.« Christof Wackernagel
Hegel erhebt den Anspruch, in seiner Konzeption der Vernunft subjektives Denken und soziale Wirklichkeit versöhnt zu haben. Kritische Theorie weist diesen Anspruch ab, knüpft jedoch an den Begriff der objektiven Vernunft an, um ihm eine nicht-metaphysische Form zu geben. In dieser Perspektive prüft Schiller zentrale Begriffe von Hegels Logik und seiner Rechtsphilosophie auf ihre Aktualität und verfolgt die kritische Transformation des Begriffs objektiver Vernunft bei Marx und Adorno. Obwohl Hegel die politischen Kompromissgebilde seiner Zeit zum Abbild der ewigen Vernunft verklärte, gelangen ihm tiefe Einblicke in die Widersprüche der modernen Welt, die auch heute noch verstörend und erhellend sind.
Die Zusammenarbeit zwischen dem Lyriker Heinz Kattner und dem Grafiker Lothar von Hoeren ist in mehreren Buchpublikationen dokumentiert. Jeweils zum Jahresende erschienen darüber hinaus insgesamt drei Jahrzehnte lang nummerierte und signierte Einzelblätter mit den eindrucksvollen Resultaten dieser künstlerischen Kooperation. Die ersten zehn wurden in dem Band »Rückreise« präsentiert. Nun liegen die folgenden Jahre in einem bibliophilen Band zusammengefasst vor: zwanzig Grafiken und lyrische Texte aus den Jahren 1999 bis 2018. »Die Sprache, der Bau und der Fluss der Sätze sind zu einer Schlichtheit geschliffen, die an keiner Stelle ein Zuviel zulässt. Diese Präzision öffnet zugleich eine unendliche Tiefe des Empfindens und Mitschwingens.« Hans Martin Koch
Das deutsche Abitur war jahrzehntelang ein Qualitätssiegel. Bildung »made in Germany« genoss hohes Ansehen in der Welt und versprach mit dem Abitur als ihrem schulischen Höhepunkt freien Hochschulzugang und gesellschaftlichen Aufstieg. Wird das Versprechen heute noch eingehalten? Das Bild, das die Schulen und die von ihnen vergebenen Abschlüsse bieten, gibt eine eindeutige Antwort: Kaum jemand kann noch darüber hinwegsehen, dass das Leistungsniveau in deutschen Schulen nicht nur in alarmierendem Maße sinkt, sondern im Vergleich der Bundesländer auch noch eklatante Unterschiede aufweist. Obwohl das bildungspolitische Chaos und die skandalöse Ungerechtigkeit im deutschen Bildungssystem offensichtlich sind, herrscht über die entscheidende Ursache für den Niedergang weitgehend Unklarheit. Katja Koch und Mathias Brodkorb zeigen, dass der mit guten Gründen vor siebzig Jahren eingeführte Bildungsföderalismus inzwischen absurde Blüten treibt: Während einige Bundesländer hohe Anforderungen stellen, machen es andere ihren Abiturienten leicht. So hängt das Abiturergebnis heute eher von der Gnade der Geburt als von der schulischen Leistung ab. Leidtragende sind nicht nur Schüler und ihre Eltern.
Jedes Gerichtsverfahren spiegelt wider, woran unsere Gesellschaft krankt. Mal offenbaren wohlhabende Finanzjongleure ihren Hochmut, mal zeigt sich, wie armselig das Leben auf der anderen Seite der Gesellschaft ist. Mal wird einem von den Medien längst verurteilten Bundespräsidenten die Amtswürde vor Gericht endgültig genommen, mal das Intimleben eines TV-Wetterexperten lüstern seziert. Vor Gericht erhalten nahezu alle menschlichen Seelenregungen, die sonst im Verborgenen walten, ihre Bühne: Machtfantasien oder Habgier, seelische Gewalt oder Niedertracht. Es kommt aber auch die Infamie eines Justizapparats zum Vorschein, der lieber an einem Irrtum festhält, als ihn zuzugeben. Oder der einem Angeklagten, der freigesprochen werden musste, nachruft, man halte ihn trotzdem für den Täter. Vor Gericht zeigen sich jedoch nicht nur die Abgründe menschlicher Existenz, es gibt auch Momente der Hoffnung. Wenn es einem Richter gelingt, die aus den Fugen geratene Welt der Täter und Opfer wieder ins Lot zu bringen, kann unsere Justiz Wunden heilen.
Unmittelbar nachdem sie 1917 den Türken entkommen ist, beginnt Arshaluys Mardigian als eine der wenigen Überlebenden des Völkermords an den Armeniern, von ihren Erfahrungen während des Genozids zu berichten. Ihr authentischer Augenzeugenbericht wurde seit seiner Erstveröffentlichung 1918 bereits in zwanzig Sprachen übersetzt und 1919 erfolgreich verfilmt; sie selbst spielte in dem Stummfilm die Hauptrolle. Der Leidensweg des Mädchens erscheint nun nach hundert Jahren erstmals auf Deutsch und lässt uns auch hierzulande, wo eine gründliche historische Aufarbeitung des türkischen Völkermords an den Armeniern nach wie vor aussteht, die Schrecken jener Ereignisse erahnen. Schonungslos und eindringlich erzählt Arshaluys Mardigian von ihren Erlebnissen während der Todesmärsche, der Gefangenschaft in den Häusern reicher Türken, den Raubzügen kurdischer Reiter, den Massakern an ihrem Volk, ihrem sechsmonatigen Umherirren in der Steppe und schließlich ihrer Rettung und Übersiedlung nach Amerika.
Die Piraterie zählte einst neben Krieg, Seuchen und Hungersnöten zu den Geißeln der Menschheit, der Seeräuber galt als »Feind aller«. Ab dem 17. Jahrhundert erfuhr der Pirat jedoch eine soziale und politische Aufwertung. In der aufklärerischen Literatur romantisiert, wird er seit den frühen achtziger Jahren entweder als Rebell und Vorkämpfer für Freiheit und Gerechtigkeit oder als hedonistischer Anarchist gefeiert. In jüngster Vergangenheit hat man eine nach ihm benannte politische Partei gegründet und ihn zur Pop-Ikone stilisiert. Das »zweitälteste Gewerbe der Welt« hat bis in unsere Gegenwart nichts von seiner Brutalität und Skrupellosigkeit eingebüßt. Siegfried Kohlhammer geht der Verzerrung und Verkehrung historischer Fakten auf den Grund und zeigt, welche Rolle Piraten bei imperialistischen Eroberungsfeldzügen und der Sklavenjagd gespielt haben. Vor den Küsten Afrikas und Asiens gefährden auch heute wieder organisierte Banden die Seefahrt, bringen Schiffe und deren Besatzungen in ihre Gewalt, um Lösegelder zu erpressen. Der Freibeuter, so belegt dieses Buch eindrucksvoll, taugt keinesfalls als sozialromantische Kultfigur.
Ein liebestoller Gott verfolgt eine Nymphe, die seiner Zudringlichkeit nur dadurch entkommt, dass sie sich in einen Baum verwandelt. Die Geschichte von Daphne und Apoll gehört zu den schönsten und bekanntesten aus Ovids »Metamorphosen«. Über zwei Jahrtausende hinweg hat sie Maler und Bildhauer so fasziniert, dass sie immer wieder den entscheidenden Augenblick der Verwandlung Daphnes zu bannen versuchten. Einige der größten Werke der Kunstgeschichte sind so entstanden. Ovids Text ist heute jedoch mehr denn je eine Herausforderung: Allein schon das antike Versmaß bereitet im Deutschen Kopfzerbrechen. Auch wenn das mythische Geschehen klar erscheint, erweist sich Ovids Sprache als so komplex, dass sich Generationen von Schülern daran die Zähne ausgebissen haben. Wie ist mit einer Sprache umzugehen, die niemandes Muttersprache mehr ist, mit einer literarischen Form, die wir kaum noch durchschauen? Für Burkhard Müller schafft erst die Einsicht in das, was uns von den Zeiten Ovids trennt, die Voraussetzung für eine Annäherung an sein Werk. Indem Müller den Geist der antiken Vorlage einzufangen versucht, bietet er uns einen Schlüssel nicht nur zur lateinischen Dichtkunst, sondern auch zu der von ihr inspirierten abendländischen Kunstgeschichte.
Mit dem »Berlin-Monitor« werden die politischen Einstellungen und das politische Engagement der Berliner Bevölkerung untersucht. Wie offen sind die BerlinerInnen, wie weit ist Rechtsextremismus verbreitet, wer ist von Diskriminierung betroffen? Ein Schwerpunkt des Buches liegt auf der Verbreitung antisemitischer Einstellungen und den Erfahrungen der von Antisemitismus Betroffenen. So gelingt es, aus der Perspektive kritischer Wissenschaft Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Der »Berlin-Monitor« liefert einen wichtigen Einblick in eine vielfältige Stadtgesellschaft, aber auch ein Verständnis für die Bruchlinien dieser Metropole.
Entwicklungshilfe, beschönigend heute auch »Entwicklungszusammenarbeit« genannt, ist eine umstrittene Angelegenheit. Gegner wie Befürworter führen gewichtige Argumente ins Feld, sind sich jedoch darin einig, dass etwas geschehen muss, gerade im subsaharischen Afrika. Nur was und wie? Sollen Veränderungen durch radikale Beschränkung auf humanitäre Hilfe und durch das Hoffen auf Eigeninitiativen aus dem Druck menschenunwürdiger Verhältnisse heraus zustande kommen? Oder durch zusätzliche finanzielle Hilfen und Kooperation in der Erwartung einer allmählichen Veränderung zum Besseren? Und zu welchem Besseren überhaupt? Ruanda gilt heute als Paradebeispiel der Entwicklung in Zentralafrika, die Demokratische Republik Kongo hingegen als Inbegriff von Korruption, Vetternwirtschaft und Staatsversagen. Zwei Extreme in Afrika, die gleichwohl Parallelen aufweisen und uns vor allem zu einem genauen – und selbstkritischen – Blick auf Afrika auffordern: jenseits paternalistischer Attitüden, politischer Blindheit, ökonomischer Gier oder einer Gleichgültigkeit, die oft in bedenkliche Nähe zur Arroganz gerät – trotz des europäischen Wunsches, Hilfe zu leisten. Seit fast zwanzig Jahren arbeitet Gerd Hankel in und über Zentralafrika und blickt auf eine lange Erfahrung in der Zusammenarbeit mit NGOs zurück. Seine Beobachtungen münden in einem differenzierten Plädoyer für die Entwicklungshilfe, zu der es trotz aller Widrigkeiten und realitätsfernen Erwartungen auf Geber- wie Nehmerseite keine sinnvolle Alternative gibt.
Hannes Weckerling ist wohl das, was man unter einem ›liebenswerten Unruhestifter‹ versteht: Vater zweier Kinder und mit seiner Lebensgefährtin an seiner Seite tritt er als gewitzter Autor auf und hält Distanz zu den allgegenwärtigen technischen Errungenschaften. Er nimmt sich selbst und das Leben zwar wichtig, aber nicht so ernst, als plötzlich ihm die Ärzte nach einem epileptischen Anfall eine folgenschwere Diagnose stellen: Hirntumor. Nicht länger die Mitmenschen durch sein oft bizarres Verhalten irritierend, will sich Weckerling für den fundamentalen Riss in seinem Dasein wappnen. Dabei übernimmt er von Ratschlägen nur das, was in ihm nachhallt. Als eigensinniger Zeitgenosse meint er, eine intuitive Strategie des Widerstands und der Überwindung zu finden. In seinen Kladden schreibt er assoziativ viele Gedanken nieder. Immer stärker saugt er damit den Leser in den Strudel dessen hinein, was sich im Verlauf dieser Krise in seiner Seele entwickelt. Aus dem Wechselspiel der verschiedenen erzählerischen Bestandteile, verwoben mit Zitaten, Songtexten, Radioansagen und Haikus, erwächst die eindringliche und sprachlich virtuose Schilderung einer existentiellen Geschichte mit autobiografischen Zügen.
exit! ist eine Zeitschrift für kritische Gesellschaftstheorie. Soziale Entwicklungen analysiert sie auf der Grundlage der Kritik der Wert-Abspaltung als einer Weiterentwicklung der kritischen Theorie. Wesentliche Bezugspunkte sind dabei die Kritik der Politischen Ökonomie ebenso wie die Auseinandersetzung mit psychosozialen Phänomen vor dem Hintergrund der Psychoanalyse. Die Artikel im neuen Heft: Robert Kurz: Freie Fahrt ins Krisenchaos. Aufstieg und Grenzen des automobilen Kapitalismus Roswitha Scholz: Der Kapitalismus, die Krise … die Couch – und der Verfall des kapitalistischen Patriarchats. Einige kritische Bemerkungen zum Lacan-Marxismus von Slavoj Žižek und Tove Soiland Thomas Meyer: Zum ungebrochenen Elend des Positivismus – Ein verspäteter Nachtrag zur ›Sokal-Affäre‹ Leni Wissen: Zur Geschichte der Armenfürsorge Andreas Urban: Überflüssigkeit als totale Institution – Zu Geschichte, Logik und Funktion des Altenheims Herbert Böttcher: Auf dem Weg zu einer ›unternehmerischen Kirche‹ im Anschluss an die abstürzende (Post-)Moderne Gerd Bedszent: Vom Marsch in die Barbarei oder Der Osten als Buhmann
Gegenwärtig gibt es eine neuentfachte gesellschaftliche Diskussion über alternativmedizinische Heilverfahren, welche mit den Theorien der Naturwissenschaft in Konflikt stehen. Vor allem die Homöopathie gerät zunehmend unter Beschuss und soll, wenn es nach dem Willen der Gegner der Alternativmedizin geht, aus der ärztlichen Praxis ausgeschlossen werden. Aber auch anderen Methoden wie Akupunktur, Osteopathie oder Yoga soll künftig kein Platz mehr im Gesundheitswesen eingeräumt werden. Organisierte Gruppierungen aus den Reihen der sogenannten Skeptikerbewegung setzen sich mit großangelegten Kampagnen dafür ein, diese Ziele gesellschaftlich und politisch umzusetzen. Hans-Josef Fritschi prüft die Intentionen und Argumente der Homöopathiegegner und beleuchtet, wieso die Diskussion solch medialen Aufwind erhalten hat. Außerdem wagt er einen kritischen Blick in die Zukunft der angestrebten streng rationalistischen Einheitsmedizin und untersucht, was sie für die Patientinnen und Patienten bedeuten würde. Ein Plädoyer für den Erhalt der Komplementärmedizin.
Das Buch beginnt am 21. März 1944, dem Tag der Festnahme der jüdischen Frau Jean Leppiens, und endet im 1. Teil am 25. Mai 1945, als sich das Paar in Paris wiederfand. Der Blick zurück bestimmt den 2. Teil: das Aufwachsen in Lüneburg, die prägende Zeit am Bauhaus mit Kandinsky, Klee und Albers, das Erleben von Berlin, das Exil in Paris, die Internierung bei Kriegsbeginn, die Fremdenlegion in Algerien und Marokko, das Leben im Verborgenen auf dem Lande nahe Avignon. Das Ende führt zum Anfang zurück. Nüchtern beobachtet und schildert der Autor Menschen und Ereignisse, die Schrecken und ebenso das Glück. Der Leser wird Zeuge eines Schicksals in wechselvoller Zeit.
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zieht es Dichter, Musiker und Gelehrte an den Rhein. Hat der Aufklärer und Revolutionär Georg Forster einige Jahrzehnte zuvor die Gegend noch als einförmig, ihre Städte als ‚melancholisch und schauderhaft‘ gescholten, so entsteht unter dem Einfluss von Friedrich Schlegel und Dorothea Veit, Franz Liszt und Marie d’Agoult, Robert und Clara Schumann ein Sehnsuchtsort, der die Imagination der Deutschen noch lange in seinen Bann schlagen wird. Ulrich Meyer-Doerpinghaus lässt die besondere Beziehung zwischen Landschaft und Kunstschaffen lebendig werden, die im Zeitalter der Romantik das Geistes- und Gefühlsleben geprägt hat.
Kapitalismus und Opposition: Peter-Erwin Jansen entdeckte die 1974 für Vorträge an der Pariser Reformuniversität Vincennes verfassten Manuskripte 2012 im Marcuse-Archiv an der Universität Frankfurt. Trotz der veränderten Bedingungen im frühen 21. Jahrhundert haben Marcuses Vorlesungen nichts an kritischer Schärfe eingebüßt. Politisch konkreter als noch im »Eindimensionalen Menschen« und erstaunlich aktuell stellt Marcuse hier die globalen Bedrohungen durch den entfesselten Neoliberalismus dar. Er zeigt konkrete Möglichkeiten auf, die für eine befreite Gesellschaft bereits in der bestehenden Industriegesellschaft vorhanden sind, die aber durch die kapitalistischen Machtverhältnisse blockiert werden.
Die »Zeitschrift für kritische Theorie« ist ein Diskussionsforum für die materiale Anwendung kritischer Theorie auf aktuelle Gegenstände und bietet einen Rahmen für Gespräche zwischen den verschiedenen methodologischen Auffassungen heutiger Formen kritischer Theorie. Sie dient als Forum, das einzelne theoretische Anstrengungen thematisch bündelt und kontinuierlich zu präsentiert. Inhalt: Vorbemerkung der Redaktion Hans-Ernst Schiller: Zur Aktualität der Metaphysik. Kritische Theorie und philosophische Tradition Gerhard Richter: »Eine Krankheit alles Bedeuten«. Kafkas »Proceß« zwischen Adorno und Agamben Anne-Marie Feenberg-Dibon: Adorno on »Brave New World«: »Aldous Huxley and Utopia« Matthias Rudolph: Ein ontologischer Kurzschluss. Jane Bennetts »Vital Materialism« im Lichte von Theodor W. Adornos Ontologiekritik Konstantinos Rantis: Kants Kritik der Urteilskraft und Marcuses Befreiung der Natur Stefan Gandler: Sprechen und Hören im Spätkapitalismus. Reflexionen zur kritischen Theorie Bolívar Echeverrías Marco Solinas: Kritik der Regressionen. Politische, geschichtliche und psychosoziale Betrachtungen Theodor W. Adorno und Ulrich Sonnemann: Briefwechsel 1957–1969 herausgegeben und kommentiert von Martin Mettin und Tobias Heinze Hermann Schweppenhäuser: Über den Wissenschaftsbegriff bei Marx Peter-Erwin Jansen: Die irrationale Rationalität des Fortschritts. Herbert Marcuses weitsichtige Technologiekritik Jakob Hayner: Der revolutionäre Flügel der kritischen Theorie. Ein Nachruf auf Wolfgang Pohrt Daniel Burghardt: Marx im Handgemenge. Ein Literaturbericht www.zkt.zuklampen.de
Der Sammelband zur Tagung »68 – soziale Bewegungen und geistige WegbereiterInnen« diskutiert die zentralen Ideen und Leitbilder, an denen sich die 68er-Bewegungen orientiert haben. Hierbei zeigt sich, dass sich deren Utopien und ihre Kritik am Status quo nicht auf einen weltanschaulichen Nenner bringen lassen: Die Beiträge in diesem Buch stellen deshalb die Frage nach den vielfältigen intellektuellen Voraussetzungen, die die (Gegen-)Kulturen, Ideen, Theorien und Lebensstile der Bewegungen beeinflusst haben. Deren Ideenhorizont wird durch Beiträge zu Marxismus, Feminismus, zur Frankfurter Schule und zu literarischen Strömungen rekonstruiert, alle Texte nehmen darüber hinaus aus den Perspektiven von ’68 auf zeitgenössische Themen Bezug. Mit Beiträgen von Alfred Betschart, Jens Bonnemann, Peggy H.-Breitenstein, Hannah Chodura, Christian Dries, Paul Helfritzsch, Michael Jenewein, Werner Jung, Wolfgang Kraushaar, Jörg Müller Hipper, Sabine Pamperrien, Gerhard Schweppenhäuser und Thomas Zingelmann
Marion Tauschwitz war fünf Jahre lang enge Vertraute von Hilde Domin, die sie bis zu deren Tod begleitet hat. Wie kam es zu ihrer Begegnung? Wie entwickelte sich das gegenseitige Kennenlernen? Worauf gründete sich die tiefe Freundschaft der beiden Frauen? Tauschwitz erzählt aus ganz persönlicher Sicht von ihren intensiv gelebten Jahren mit der Schriftstellerin und Lyrikerin. Dabei spürt sie nicht nur den Gedanken und Eigenheiten Domins nach, sondern erzählt vom Alltag, von Empfindlichkeiten und Eitelkeiten, von Domins Umgang mit Prominenz, von abenteuerlichen Begebenheiten und großen Festen. »Das unverlierbare Leben« beleuchtet ungewöhnlich nah nicht nur die letzten Lebensjahre Hilde Domins, sondern zeichnet im Erzählen und Verweben von Zeitebenen ein lebendiges Porträt der großen Nachkriegslyrikerin. »›Sie müssen mich in meinem Dichterturm besuchen. Ein Turm, wie ihn die Droste hatte. Ach.‹ Ach, dieses ›Ach‹. Ich sollte es noch so oft hören. Mal sehnsuchtsvoll gehaucht, mal nicht mehr als ein kleiner Atemstoß, dem eine dramatische Geste der Hand Auftrieb gab. Immer wieder setzte Domin diesen Atemhauch ein. Er war Rufen und Hoffen. Er unterstrich oder verwarf das Gesagte. In ihren Kurzbriefchen verstand er sich oft als Schlussformel.«
Kurz nach seiner Befreiung aus dem Konzentrationslager Buchenwald im April 1945 begann Mordechai Strigler, seine Erfahrungen in den Lagern des besetzten Polens literarisch zu verarbeiten. Schonungslos wie kaum ein anderer Überlebender beschreibt er die Lagerorganisation und das Lagerleben sowie den Umgang der jüdischen Gefangenen untereinander. In »Werk C« schildert Strigler die Monate von September 1943 bis März 1944 im Arbeitslager Skarzysko-Kamienna, das vom Leipziger Rüstungsunternehmen HASAG AG betrieben wurde. Dabei zeigt er – anders als im Vorgängerband – weniger die Produktionsbedingungen auf, sondern konzentriert sich auf einzelne Personen, Beziehungen und Begebenheiten. Er beschreibt sowohl den Alltag im Lager als auch außergewöhnliche Umstände wie Geburten oder das von den Gefangenen ersonnene Prostitutionsmodell. Da er mit der Zeit in ›privilegiertere‹ Kreise der jüdischen Lagerverwaltung aufstieg, kann er auch über die ›mittlere Verwaltungsebene‹ sowie die Organisation des gesellschaftlichen Lagerlebens berichten und ein detailliertes Porträt der Funktionshäftlinge im Arbeitslager liefern. »Zur bloßen Kolorierung darf man die Feder beim Wiedererwecken unserer Leiden vergangener Zeiten nicht benutzen. So lasst uns noch ein Mal in unser Antlitz in jenen Tagen schauen, ohne die Maske, die wir heute gern für uns finden.« Mordechai Strigler, 1950
Was haben »Die Leiden des jungen Werther«, »Ulysses«, »Madame Bovary«, »Die satanischen Verse« und »Fifty Shades of Grey« gemeinsam? Sie alle sorgten für Aufruhr in der Öffentlichkeit, weil sie an festgefügten Moralvorstellungen rüttelten. Die Autoren wurden diffamiert und zum Teil sogar handgreiflich attackiert, drohten sie doch, dem angeblichen Sittenverfall Vorschub zu leisten. Meist entpuppten sich die gegen sie gerichteten Vorwürfe jedoch als scheinheilig, finden doch gerade die Skandalbücher reißenden Absatz. Vom Marquis de Sade über Vladimir Nabokov bis hin zu Charlotte Roche: Clemens Ottawa versammelt die skandalösesten literarischen Werke und erzählt von ihrer aufsehenerregenden Rezeption. Sie haben ihre Faszination bis heute nicht eingebüßt.
Wünsche – wie oft kommen sie uns im Alltag reflexhaft über die Lippen. Allerdings gibt es auch Wunschvorstellungen, die wir lieber verbergen, dann nämlich, wenn unser Eigennutz anderen zum Nachteil gereichen würde, das Gift den Zauber zersetzte. In Mythen und Märchen erscheinen Wünsche meist unverstellt, und dabei rangieren Reichtum, Macht, Weisheit und Wandelbarkeit ganz oben auf der Liste. Auch in der Literatur begegnen wir Wünschen auf Schritt und Tritt, hier wird die ganze Fülle menschlicher Sehnsüchte, Träume und Hoffnungen vor uns ausgebreitet. Heide Helwig begibt sich auf eine faszinierende Erkundungstour durch das literarische Reich der Wunschvorstellungen, in denen die Wünsche aus Mythen und Märchen weiterleben, in denen aber auch von irren Träumen und wütendem Aufbegehren die Rede ist, von der ernsthaften Sehnsucht des Weltverbesserers und dem reizvollen Spiel mit dem Was-wäre-wenn, von Machttaumel und menschlichen Abgründen.
Zum 30. Jahrestag des Mauerfalls gibt Aleksandra Majzlic jenen Andersdenkenden eine Stimme, die gegen das System aufbegehrten und staatliche Gewalt ertragen mussten. In den persönlichen Erfahrungen und Reflexionen dieser Menschen wird die DDR-Geschichte und deren Aufarbeitung konkret: Eine Betroffene berichtet von sexuellem Missbrauch im Jugendwerkhof Torgau. Ein Ex-Häftling erzählt von einer späteren Begegnung mit seinem damaligen Stasivernehmer, ein anderer spricht von seiner versuchten Flucht aus dem Überwachungsstaat. In den Porträts geht es nicht nur um erlittene Repressionen, sondern auch um Zwangsadoptionen, Ausländerhass und um Schikanen, denen Homosexuelle ausgesetzt waren. Die Schilderungen der Protagonisten zeugen von der Möglichkeit und vom Mut des Einzelnen, sich gegen Anpassung und Willfährigkeit zu entscheiden und Widerstand zu leisten. Die meisten der von Aleksandra Majzlic Porträtierten sind der Öffentlichkeit kaum bekannt, und dennoch stehen sie exemplarisch für all jene, die 1989 den politischen Wandel im Osten Deutschlands durchgesetzt haben. Diese Menschen setzen sich noch heute für die Aufklärung des DDR-Unrechts ein und halten die Erinnerung an das Geschehen lebendig.
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