Wie kam es nur dazu, dass 1714 mit Georg Ludwig ausgerechnet ein Kurfürst von Braunschweig-Lüneburg zum englischen König ernannt wurde? Welche Gründe führten zu dem berühmten Act of Settlement, und was geschah mit dem Haus Stuart, dessen katholische Nachfahren im 18. Jahrhundert immer wieder gegen die Könige aus dem deutschen Kurfürstentum rebellierten? Die 1837 mit der Thronbesteigung durch Königin Viktoria endende politische Personalunion zwischen England und Hannover, das seit 1814 durch Beschluss des Wiener Kongresses Königreich war, ist eine besonders spannende Periode europäischer und weltpolitischer Ereignisse, aber auch eine Zeit wissenschaftlicher und kultureller Kreativität vor allem in England. Margarete von Schwarzkopf erzählt diese Geschichte mit ihren Auswirkungen bis in die Gegenwart auf höchst unterhaltsame Weise. Sie hat viele Angehörige der Königshäuser befragt und spart nicht mit Anekdoten und kleinen Klatschgeschichten.
Ganz Deutschland fragt sich, wie es beim neuen Hauptstadtflughafen zu den unzähligen technischen Problemen, eklatanten Planungs- und Baufehlern, ständig steigenden Kosten sowie immer wieder verschobenen Eröffnungsterminen kommen konnte. Matthias Roth hat 18 Monate lang als Mitarbeiter der Betreibergesellschaft erlebt, welche fatalen Folgen das Zusammenspiel von politischen Vorgaben, ineffizienter Organisation und mangelnder Führung haben kann. Seine fesselnd erzählten Erlebnisse lehren mehr über das Scheitern von Großprojekten als manch wissenschaftliche Analyse. Er schreibt von Zuständen, Umständen und Widerständen, die ganze Abeilungen in die Zwangsjacke stecken: Arbeit in der Gummizelle.
Die vorliegende Monographie zum Utrechter Te Deum wendet sich an ein breites Publikum. Sie ist eine Fundgrube für den Musikliebhaber, den Chorsänger, den Musikstudenten, den Dirigenten und den Wissenschaftler. Christian Bährens entführt den Leser in die Zeit Händels und beleuchtet alle interessanten Aspekte, die mit dem Werk und seiner Entstehung sowie der Musik und ihren interpretatorischen Möglichkeiten zusammenhängen. Sein Buch verbindet Bekanntes mit neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Es füllt eine Lücke in der Fachliteratur und ist für jeden Händel-Fan eine Bereicherung.
Ausgezeichnet mit dem Preis „Das politische Buch“ 2014 der Friedrich-Ebert-Stiftung City – das ist kein modischer Anglizismus zur Benennung dessen, was einmal Altstadt oder Innenstadt hieß. City ist ein Lebensstil. Er hat sich in der Nachkriegszeit, vor allem aber in den letzten dreißig Jahren, im Zentrum der deutschen Städte ausgebildet. Hier wird er stoßweise erfahrbar: durch Pendler- und Besucherströme aus dem Umland, Anwohner sind kaum noch zu finden.Die Resultate einer verfehlten Baupolitik vor Augen, wenden Stadtplaner sich wieder dem Zentrum zu. Gegenwärtige Abhandlungen u¨ber die Stadt beschäftigen sich deshalb auch eingehend mit der Frage, wie urbanes Leben wiederherzustellen und zu lenken sei.Hannelore Schlaffer, Liebhaberin und Chronistin städtischen Straßenlebens, hat u¨ber Jahre hin beobachtet, wie die ‚gelenkten‘ Bu¨rger mit Häusern, Plätzen und Gastlichkeiten in der City umgehen. Pointiert beschreibt sie, wie sie sich bewegen, sich fu¨r den Stadtbesuch herrichten, sich miteinander gehaben, und liefert damit zugleich eine Theorie moderner Lebensformen.
Es gab eine Zeit, da war der Name ‚Feinkost-Appel‘ mit Hannover fest verbunden – wie ‚Bahlsen‘, ‚Hanomag‘ oder ‚Sprengel‘. Heute existiert Appel noch als Marke, nicht mehr als Delikatessenhersteller, der für Jahrzehnte marktführend war und zeitweise mehr als 1000 Menschen beschäftigte. Kristina Huttenlocher, Urenkelin des Gründers der Firma Appel, Heinrich Wilhelm Appel (1850–1923), hat die Geschichte des 1879 gegründeten Unternehmens erstmals aufgearbeitet und detailliert anhand von vielen aufschlussreichen Dokumenten und historischem Bildmaterial nachgezeichnet: die Gründungsphase, die Expansion seit der Jahrhundertwende und zwischen den Weltkriegen, die schwierigen Bedingungen während des Krieges und danach, der mühevolle, jedoch erfolgreiche Wiederaufbau und das Ende der Firma Mitte der 1970er Jahre. Vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen und politischen Ereignisse des 19. und 20. Jahrhunderts wird die Geschichte des Familienunternehmens erzählt und zugleich ein Stück Wirtschaftsgeschichte Hannovers sichtbar.
Mit Beiträgen von:Stefan Gandler, Andreas Greiert, Thomas Jung, Thomas Khurana, Marc Kleine, Christian Lotz, Konstantinos Rantis, Gert Sautermeister, Hans-Ernst Schiller, Michael Schwarz, Hermann Schweppenhäuser, Sebastian Tränkle
‚Wenn die Dichterin Monika Rinck den Bewusstseinsraum des Poetischen öffnet, dann geht es meist um eine Neugruppierung unterschiedlichster Reflexions- und Assoziationskräfte, um die Integration disparatester Gedanken und Bilder in eine mobile Form … In ihrer literarischen Arbeit verwickelt sie sich bewußt in ein Spannungsverhältnis von medientechnischen, philosophischen und lyrischen Inspirationen, in dem stets neue, überraschende Lösungen gefunden werden müssen.‘ Michael Braun, ‚Sprache im technischen Zeitalter‘
Während eines Spaziergangs entdeckte Susanne Frank im Calenberger Land südlich von Hannover zwischen Feld und Wald ein Art Insel: Blühende Heckenrosen und Bäume säumten ein Gelände von der Größe eines halben Hektars, dem köstlicher Duft entstieg. Kleine Lücken in der Hecke gewährten ihr den Blick auf einen märchenhaften Blumengarten. Was sie sah, ließ ihr Fotografinnenherz höher schlagen. Sie begleitete ein Gartenjahr mit Kamera, Papier, Stift und manchmal auch einem Spaten.So entstand dieses Foto-Tagebuch, das neben der Gartenpracht auch den enormen Arbeitseinsatz dokumentiert und dabei die Gärtnerin Sieglinde Dorn mit ihren Ideen und Sorgen porträtiert.Es ist zugleich Augenweide und Einladung für Menschen, die gern über Zäune schauen und Offene Pforten besuchen, um sich inspirieren zu lassen.
‚In der lyrischen Prosa Heinz Kattners wird in Sätzen von großer Dringlichkeit eine Erfahrung nicht nur unserer Zeit eingeholt; fast könnte man von einer Empfindungskultur sprechen: Die Geschichte der Menschen als Vorgang der Entfernung … Die Sehnsucht erkundet Erfahrungsräume und gebiert zum Abschied Augenblicksgeschichten. Die lassen den Leser zuru¨ck, bereichert um das Gefu¨hl der Souveränität gegenu¨ber den Verheißungen der Nähe.’Hugo Dittberner ‚Alle Texte bewegen sich auf der Grenze zwischen Lyrik und Prosa. Meist sind es extrem verdichtete Erinnerungen oder Beobachtungen, die in einer einfachen Sprache gehalten sind und dennoch etwas Traumhaftes an sich haben … am besten behandeln wie eine Schachtel guter Pralinen: konzentriert genießen, nie zu viele auf einmal nehmen.’Hannoversche Allgemeine Zeitung
‚Schau ich an mir runter, denk ich, stark seh ich noch aus!‘ So beginnt das Lied vom ’schlappen Mann‘. Könnte das etwa eine Selbstüberschätzung sein? Oder: ‚Kreier’ den Augenblick, leb für das Jetzt. Form dein Leben immer neu!‘ Schön, schön, aber wie macht Mann das, zumal Frau es meist besser kann oder zumindest besser weiß. Von allen diesen Tücken berichten die Lieder von Carl-Hans Hauptmeyer humorvoll oder ernst, aber immer hintersinnig: Das Textbuch zu den besten Liedern von Hauptmeyer.
Diese Studie untersucht die Entwicklung rechtsextremer Einstellungen im Zeitverlauf der Jahre 2002 bis 2010 und bettet die Analyse in den aktuellen gesellschaftspolitischen Zusammenhang der Finanz- und Wirtschaftskrise ein. Mit Blick auf die ökonomische »Mitte« der Gesellschaft wird der Frage nachgegangen, ob es einen Zusammenhang zwischen Ökonomie und rechtsextremen Einstellungen gibt bzw. ob und wie sich die ökonomische Krise auch in einer politischen Krise auswirkt. Die Studie verzeichnet eine signifikante Zunahme antidemokratischer und rassistischer Einstellungen. Insbesondere chauvinistische und fremdenfeindliche Einstellungen nehmen dramatisch zu und dokumentieren krisenbedingte Mechanismen der Abwertung gegenüber »Fremden«. Parallel dazu nimmt die Zustimmung zur Demokratie deutlich ab. Mehr als 90 % der Bevölkerung halten es für sinnlos, sich politisch zu engagieren, und glauben nicht, Einfluss auf die Regierung nehmen zu können. Die mit der Wirtschafts- und Finanzkrise einhergehenden gestiegenen Zustimmungswerte zu rechtsextremen Aussagen deuten darauf hin, dass die Unterstützung der Demokratie im Falle einer (wahrgenommenen) Bedrohung des wirtschaftlichen Wohlstands gefährdet ist. Der Wohlstand bringende Kapitalismus scheint als Garant für das demokratische System zu fungieren, der Stolz auf den »Wirtschaftsstandort Deutschland« ersetzt als »narzisstische Plombe« das Bedürfnis der Deutschen nach Zu- bzw. Unterordnung unter eine Autorität. Wird das Wohlstandsversprechen der Ökonomie nicht eingelöst, droht das demokratische Fundament zu wackeln.
Sieben ausgewählte Lokale Hannovers als Schauplatz oder Hintergrund verbrecherischer Handlungen zu versammeln, ist ein Novum. Da der berüchtigte Krimi-Stammtisch sieben Schreibende stark ist, lag die Anzahl der zu kriminalisierenden Lokale nahe. Den Verfassern von »Ein Bier, ein Wein, ein Mord« kamen neben wiederholten genussvollen Recherchen besonders zwei Umstände entgegen: Zum einen bewirkt öffentlicher Alkoholgenuss, dass man sich sogar in Gesellschaft von Schriftstellern wohlfühlen kann. Zum anderen erleichtert Trinken in Kneipen den Kontakt mit Leuten, die noch nie ein Buch gelesen haben. So verschieden in »Ein Bier, ein Wein, ein Mord« die Tatorte sind, so unterschiedlich gestalten die Autorinnen und Autoren auch ihre »Fälle«: Richard Birkefelds Krimi spielt im Plümecke, Bodo Dringenbergs im Kaiser, Karola Hagemanns im Fiasko, Cornelia Kuhnerts im Teestübchen, Susanne Mischkes im Oscar’s, Christian Oehlschlägers im Kalabusch und Egbert Osterwalds bei Salz & Pfeffer.
Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs? Zugegeben, nicht immer behalten die Damen in Susanne Mischkes Kurzkrimis einen kühlen Kopf, aber dennoch sind sie ganz schön durchtrieben. In siebzehn Erzählungen schlägt die Autorin kurz und erbarmungslos zu, mal grimmig, mal komisch. Manchmal trifft es sogar den Richtigen, doch es gibt auch Kollateralschäden. Aber Bangemachen gilt nicht. Inhalt: Die Haus-Sitterin – Blutloch – Liebe Frau Augustin – Das Saumensch – Das Brautkleid – Der Vollstrecker – Der Platzhirsch – Tänzerin – Geschmacksfragen – Landliebe – Manche mögen’s kalt – Muttertagsmord – Nikolaustag – Randale – Schwere See – Oh Tannenbaum – Ruhe im Haus
Bilddokumente aus den Gaskammern von Auschwitz gibt es so gut wie keine. Denn die Täter setzten alles daran, mögliche Zeugen und Dokumente des industriellen Massenmords zu vernichten. So wurden auch die Mitglieder der Sonderkommandos in Auschwitz vernichtet – Juden, die unter Aufsicht der SS die Arbeit in den Gaskammern erledigen mußten: die vergasten Mitglieder des eigenen Volkes ‚verwerten‘, rasieren, Goldzähne herausbrechen, zu den Krematorien schleifen, verbrennen, die Asche abtransportieren. Nur wenige dieser Sklaven der Gaskammer haben überlebt. Einer der Überlebenden war der Künstler David Olère, der unmittelbar nach der Befreiung begann, das Grauen künstlerisch zu verarbeiten und zu dokumentieren. Sein Sohn, der Schriftsteller Alexandre Oler, hat die Bilder seines Vaters zusammengestellt und Texte verfaßt, die in ihrer Ausdrucksstärke den Bildern nicht nachstehen. So ist mit „Vergessen oder Vergeben“ ein einmaliges Dokument entstanden. ‚Der Künstler David Olère ist der einzige Maler der Welt, der in den Krematorien von Auschwitz-Birkenau war, ihnen lebend entkommen konnte und seinen ganzen Willen und sein ganzes Talent darangesetzt hat, in seinen Bildern präzise Rechenschaft abzulegen.‘ Serge Klarsfeld
Heute, da Vollbeschäftigung als Gipfel des gesellschaftlich Erstrebenswerten gilt, Umtriebigkeit und atemloses ‚Am-Ball-Bleiben‘ auch nach der Arbeit angesagt sind, scheint jeder sich rechtfertigen zu müssen, der am Wochenende einfach nur Däumchen drehen möchte. Dabei galt Muße zu haben in der Antike als Ideal, und selbst das Mittelalter übte noch Nachsicht gegenüber dem antriebslosen Nichtstuer. Erst die Neuzeit brachte die entscheidende Wende: Fortschrittsglaube und Veränderungswille ließen ihn seine Unschuld verlieren, machten ihn zur parasitären Existenz. Seit einiger Zeit allerdings beginnt der Gedanke der Entschleunigung wieder an Akzeptanz zu gewinnen. Nicht nur die Oblomows der Literatur dürfen somit auf heimliche Sympathien hoffen, sondern auch derjenige, der sich der allgemeinen Geschäftigkeit verweigert. Und dennoch: Kaum je schien es angesichts allgegenwärtiger Freizeitangebote und digitaler Zerstreuungen so schwer wie heute, faul zu sein. Manfred Koch legt mit diesem Band eine unterhaltsame und kompakte Kulturgeschichte des Müßiggangs im Spiegel von mehr als zwei Jahrtausenden vor und führt seine Leser in die heikle Kunst der Faulheit ein.
Europa bricht auseinander. Nur über die Suche nach den Gründen des Scheiterns lassen sich die Bedingungen des Gelingens finden. Das erfordert, so zeigt dieses Buch, historische Rückbesinnung, nicht zuletzt auf die hellenischen Grundlagen unserer Kultur: Niemals kann ein freiheitliches Gemeinwesen sich gründen auf religiöse Gebote oder ökonomische Interessen, sondern einzig auf den politischen Willen seiner Bürger. Unverzichtbar ist ein kulturelles Gedächtnis, welches jene universalistische und menschenrechtliche Orientierung stabilisiert, der sich die westlichen Demokratien verpflichtet wissen. Denn nur diese vermag zu garantieren, dass die historische Wahrheit eine verbindliche Leitidee bleibt und die globalen Zukunftsentwürfe auf allgemeiner Vernunft basieren. Andernfalls, so zeigt der Autor, sind gefälschte Vergangenheiten und daraus abgeleitete Ansprüche nicht zurückweisbar und die Feinde der Freiheit nicht benennbar, sind die parallelgesellschaftlichen Zerrissenheiten nicht zu überwinden und die theokratischen Drohungen nicht zu parieren.
Ex-Kommissar Tabori war bei seinen Kollegen in Hannover einst bekannt für seine unorthodoxen, aber erfolgreichen Ermittlungsmethoden. Ein ungelöster Fall lässt ihn den Dienst bei der Mordkommission kurzerhand quittieren. Nun lebt er als Privatier in einer Wohngemeinschaft mit der ebenso attraktiven wie resoluten Hundetrainerin Lisa. Noch während Tabori mit seinem überstürzten Entschluss hadert, erfährt er, dass man eine Hundeführerin der Polizei tot aufgefunden hat. Anfangs deutet alles auf einen Selbstmord hin. Doch wenig später wird ein Ausbilder ihrer Abteilung zu Tode gefoltert, und ein weiterer Beamter verschwindet spurlos. Aufgrund eines anonymen Briefes gerät Tabori selbst in den Kreis der Verdächtigen und beginnt, auf eigene Faust zu ermitteln. Die Spur führt ihn zunächst von Hannover nach Nord-Jütland in Dänemark. Kaum hat Tabori einen ersten Ansatzpunkt gefunden, stolpert er unerwartet über eine mögliche Verbindung dieser Taten zu den Aktivitäten eines Geheimzirkels, dessen Mitglieder hochrangige Posten in Politik und Wirtschaft bekleiden. Auch der neue Polizeipräsident, den Tabori noch aus der gemeinsamen Schulzeit kennt, scheint involviert zu sein.
Herausgeber und Redaktion verstehen die Zeitschrift erstens als Diskussionsforum für die materiale Anwendung kritischer Theorie auf aktuelle Gegenstände und zweitens als Rahmen für das Gespräch zwischen den verschiedenen methodologischen Auffassungen über die heutige Form kritischer Theorie. Drittens geht es schließlich darum, vereinzelte theoretische Anstrengungen thematisch zu bündeln und kontinuierlich zu präsentieren. Damit beabsichtigen wir, Autoren zu motivieren, sich an jenem Klärungs- und Aufklärungsprozess zu beteiligen, für den das Projekt kritischer Theorie(n) nach wie vor – oder mehr denn je? – steht.
Wilhelm Busch (1832–1908), Schöpfer von rabenschwarzen, abgründigen Bildergeschichten, war schon zu Lebzeiten eine Legende. Er selbst jedoch maß diesen Geschichten wenig Bedeutung bei, für ihn waren sie seine ‚leichte Betriebsamkeit‘, und er fühlte sich vom Ruhm seiner skurrilen Gestalten verkannt. Doch seine Gemälde, das für ihn eigentlich Bedeutsame, hat er ängstlich vor den Augen der Welt verborgen. Schein und Sein war ein ewiges Thema seines Lebens. Mit kritischer Sympathie erzählt Herbert Günther, Niedersachse wie Busch, den Lebensweg des verletzlichen, sensibel-mürrischen und oft einsamen Menschen nach. Im Wechselspiel von Nähe und Ferne entsteht vor den Augen der Leser ein facettenreiches Bild vom Leben, Werk und von der Zeit des erfolgreichsten deutschen Humoristen, der eigentlich ein Maler und ein wenig auch ein Philosoph sein wollte.
Den Schriftsteller Martin Mosebach und den Maler Peter Schermuly (1927–2007) verband über 35 Jahre eine enge, fast symbiotisch zu nennende Freundschaft. Der um eine Generation ältere, gelehrte, geistig und künstlerisch enorm produktive, mit den eigenen Ressourcen verschwenderisch verfahrende Maler hatte entscheidenden Anteil an der Entwicklung des damaligen Studenten der Jurisprudenz zum Schriftsteller. Schermulys künstlerische Laufbahn verlief eigenwillig. Nachdem er die Ausdrucksmöglichkeiten der abstrakten Kunst für sich erschöpft sah, wandte er sich der figürlichen Malerei zu, ohne jedoch zum Renegaten zu werden: Auch als figürlicher Maler hat er die in seiner abstrakten Phase gewonnenen Fertigkeiten, speziell im Umgang mit Farbe, verarbeitet und weiterentwickelt. Ebenso wenig kannte er abgeschlossene Kunstepochen, vielmehr trat er beständig in Interaktion mit der Kunst vergangener Jahrhunderte, entdeckte mit unverstelltem Blick Neues, Überraschendes, wo alles schon gesagt schien. Über die Jahre hat Peter Schermuly Martin Mosebach immer wieder gemalt, es entstanden Studien, aber auch fertige Bilder. Bei diesen Ateliersitzungen war das Gespräch über Malerei untrenntbar mit der künstlerischen Praxis verwoben. ‚Das Rot des Apfels‘ erzählt von diesen intensiven und hochgestimmten Modell-Sessionen, enthüllt die Korrespondenzen im jeweiligen künstlerischen Schaffen der Freunde, eröffnet den Lesern einen wahren Bilderkosmos. Als sicherlich persönlichstes Buch des Büchner-Preisträgers Martin Mosebach zieht es den Leser in einen fulminanten Austausch über das Malen und die Malerei hinein.
Die Grundbegriffe der Moral bilden wechselnde Konstellationen, in denen sich ihr Gewicht und ihre Bedeutung verändern. Ideen wie Glück und Gerechtigkeit, Mitleid und Würde, Verantwortung und Freiheit durchziehen die Geschichte der Ethik und sind doch in wechselnde gesellschaft liche Verhältnisse eingespannt. Was geschieht mit ihnen unter den Bedingungen der kapitalistischen Modernisierung, die in einem immer dichter werdenden Netz den Globus umspannt? Welche Hilfen bietet die Philosophiegeschichte, um eine moralische Unabhängigkeit zu wahren?
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