Der öffentliche Sprachgebrauch schwankt permanent zwischen vagen und starken Aussagen, zwischen »irgendwie« und »absolut«, »ein bisschen« und »total«. Das locker Dahingesagte ist an das meinungsstarke Superlativische gekettet. »Umgehungsdeutsch« und »Ultradeutsch« haben sich längst in Podcasts und sozialen Medien, aber auch Gesprächsformaten in Funk und Fernsehen durchgesetzt. Das führt oft zu unfreiwilliger Komik, wie Wolfgang Kemp an vielen Beispielen zeigt. Mit den Widersprüchen im agilen Sprachwandel von unten korrespondiert allerdings das entschlossene Sprachdiktat von oben. Das »woke« sensibilisierte und gegenderte Deutsch ist als neues Kanzleideutsch aus den Verwaltungen hervorgegangen und wird unnachgiebig durchgesetzt. »Korrektdeutsch« findet zu Wortschöpfungen wie »Sprachaktteilnehmende« für Sprecher. Diesen Prozess beleuchtet der Autor und sorgt für ein: »irgendwie so total spannendes« Leseerlebnis.
Tiefsinn im Plaudermodus, da kann viel schiefgehen. Wolfgang Kemp bewegt sich leichtfüßig und humorvoll durch die wundersame Welt des öffentlichen Sprechens.
Kaum jemand kann sich ihr entziehen, der faszinierenden Aura vergangener Leinwandidole. Doch worauf beruht diese außergewöhnliche Wirkung? Ute Cohen entfaltet die fragile Ästhetik der verführerischen Selbstinszenierung.
Glamour entsteht, wo sich Schönheit und Eleganz öffentlich inszenieren und in den bewundernden Blicken der Zuschauer spiegeln. Opulent und doch prekär, ganz präsent und doch kaum nahbar, ist die glamouröse Erscheinung eigens für den Moment geschaffen und beansprucht doch Dauer. Seine hohe Zeit hatte Glamour in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, als die Aura der Leinwandstars das Kinopublikum in Bann zu schlagen vermochte. Er braucht das Rampenlicht, setzt Eigensinn und Risikobereitschaft voraus, ist verschwenderische Lust an der Selbstinszenierung. Glamour entfaltet seine Wirkung fast schockartig, verschlägt den Atem, macht sprachlos. Wer ihm begegnet, verlässt die Niederungen des Alltags. Obwohl wir heute im öffentlichen Raum fast ausschließlich von ästhetischer Tristesse umgeben sind, scheint das Verlangen nach solchen glanzvollen Auftritten zaghaft wiederaufzuleben. Ute Cohen jedenfalls erkennt in unserer Gegenwart ermutigende Anzeichen dafür, dass der Glamour seine bezwingende Strahlkraft nicht verloren hat.
Was macht die Überschreitung des Erlaubten so reizvoll, warum fasziniert das Spiel mit dem Verbotenen? Spicken, Schwarzfahren, Rasen, illegale Substanzen oder ein kleiner Diebstahl …, erinnern wir uns nicht alle mit leisem Behagen an den einen oder anderen schadlos überstandenen Regelverstoß? Es scheint, als ob wir solche Momente immer wieder suchen, sie unser Leben auf spezielle Weise bereichern. Dient diese gelegentliche Abweichung vom Regelkonformen vielleicht dazu, unsere Autonomie zu behaupten? Ist sie am Ende bedeutender Teil des Menschseins? Hält der Regelbruch mitunter das geregelte Leben am Laufen und hat womöglich sogar das Potenzial, gesellschaftliche Entwicklungen voranzutreiben? Wie viel es jenseits des Erlaubten zu entdecken gibt, zeigt uns Leander Steinkopf in seinem unterhaltsamen und pointierten Essay.
Was macht die Überschreitung des Erlaubten so reizvoll, warum fasziniert das Spiel mit dem Verbotenen? Spicken, Schwarzfahren, Rasen, illegale Substanzen oder ein kleiner Diebstahl …, erinnern wir uns nicht alle mit leisem Behagen an den einen oder anderen schadlos überstandenen Regelverstoß? Es scheint, als ob wir solche Momente immer wieder suchen, sie unser Leben auf spezielle Weise bereichern. Dient diese gelegentliche Abweichung vom Regelkonformen vielleicht dazu, unsere Autonomie zu behaupten? Ist sie am Ende bedeutender Teil des Menschseins? Hält der Regelbruch mitunter das geregelte Leben am Laufen und hat womöglich sogar das Potenzial, gesellschaftliche Entwicklungen voranzutreiben? Wie viel es jenseits des Erlaubten zu entdecken gibt, zeigt uns Leander Steinkopf in seinem unterhaltsamen und pointierten Essay.
Die unterhaltsamste Fläche auf Erden sei das menschliche Antlitz, befand der Philosoph und Physiker Georg Christoph Lichtenberg. Vom ersten Kinderlächeln bis zur zerfurchten Greisenstirn, vom beglückten Strahlen bis zur Schmerzensfratze ist es die Bühne für unsere Gefühle. Doch in seiner schier unendlichen Wandelbarkeit ist es nicht nur unterhaltsam, es ist auch geheimnisvoll, eine Landschaft, die unser Inneres sowohl offenbaren als auch verbergen kann. Durch die ganze Geschichte hindurch haben Menschen ihr Gesicht mit Schminke, Bart oder auch Schmuck verziert, um ihrer Persönlichkeit Ausdruck zu verleihen, Unvorteilhaftes zu korrigieren, Schmeichelhaftes hervorzuheben. Heute ist die technische Entwicklung dabei, das Verhältnis von Natürlichem und Künstlichem zu verkehren. Der zunehmende Einsatz von Schönheitschirurgie, Photoshop oder KI-generierten Deep Fakes degradiert das reale Antlitz zum bloßen Material, aus dem ein beliebig wählbares virtuelles Konterfei geformt werden kann. Andrea Köhler beleuchtet, wie aus der unterhaltsamsten Fläche auf Erden eine nahezu grenzenlos manipulierbare geworden ist.
Die unterhaltsamste Fläche auf Erden sei das menschliche Antlitz, befand der Philosoph und Physiker Georg Christoph Lichtenberg. Vom ersten Kinderlächeln bis zur zerfurchten Greisenstirn, vom beglückten Strahlen bis zur Schmerzensfratze ist es die Bühne für unsere Gefühle. Doch in seiner schier unendlichen Wandelbarkeit ist es nicht nur unterhaltsam, es ist auch geheimnisvoll, eine Landschaft, die unser Inneres sowohl offenbaren als auch verbergen kann. Durch die ganze Geschichte hindurch haben Menschen ihr Gesicht mit Schminke, Bart oder auch Schmuck verziert, um ihrer Persönlichkeit Ausdruck zu verleihen, Unvorteilhaftes zu korrigieren, Schmeichelhaftes hervorzuheben. Heute ist die technische Entwicklung dabei, das Verhältnis von Natürlichem und Künstlichem zu verkehren. Der zunehmende Einsatz von Schönheitschirurgie, Photoshop oder KI-generierten Deep Fakes degradiert das reale Antlitz zum bloßen Material, aus dem ein beliebig wählbares virtuelles Konterfei geformt werden kann. Andrea Köhler beleuchtet, wie aus der unterhaltsamsten Fläche auf Erden eine nahezu grenzenlos manipulierbare geworden ist.
Allerorten wird der Verlust der Mitte beklagt. Auch in unseren Umgangsformen offenbart er sich: Moralismus auf der einen Seite, narzisstische Selbstentblößung und Verrohung auf der anderen. Vielleicht schlägt gerade jetzt die Stunde der lange gescholtenen »Sekundärtugenden«? Das Taktgefühl ist eine von ihnen. Es gewährt mentalen Schutz, lässt uns dem anderen mit Verständnis begegnen, ohne dass wir seine Motive zwangsläufig nachvollziehen müssen. Obgleich es auf Konventionen beruht, ist es doch mehr Improvisation als Spiel nach Noten. Mit diesem Essay legt Martin Scherer eine Analyse des Taktgefühls vor. Es ist zugleich eine Hommage an die Höflichkeit und ein Lob der distanzierten Nächstenliebe. Denn nur Abstand und Ritual bieten Schutz vor Verletzung und vermögen jene hochaggressive Spezies namens Mensch zu kultivieren.
Allerorten wird der Verlust der Mitte beklagt. Auch in unseren Umgangsformen offenbart er sich: Moralismus auf der einen Seite, narzisstische Selbstentblößung und Verrohung auf der anderen. Vielleicht schlägt gerade jetzt die Stunde der lange gescholtenen »Sekundärtugenden«? Das Taktgefühl ist eine von ihnen. Es gewährt mentalen Schutz, lässt uns dem anderen mit Verständnis begegnen, ohne dass wir seine Motive zwangsläufig nachvollziehen müssen. Obgleich es auf Konventionen beruht, ist es doch mehr Improvisation als Spiel nach Noten. Mit diesem Essay legt Martin Scherer eine Analyse des Taktgefühls vor. Es ist zugleich eine Hommage an die Höflichkeit und ein Lob der distanzierten Nächstenliebe. Denn nur Abstand und Ritual bieten Schutz vor Verletzung und vermögen jene hochaggressive Spezies namens Mensch zu kultivieren.
Mehr als ein Jahrhundert lang war das Hotel aus dem gesellschaftlichen Leben nicht wegzudenken. Oft stand es an den schönsten Orten, verhieß Luxus und Unbeschwertheit. Es bot eine Kulisse für den großen Auftritt – und für Ereignisse der Weltgeschichte. Für Reisende spielte es eine Hauptrolle. Auf Kunst, Literatur und Film hat das Leben im Hotel immer wieder inspirierend gewirkt. Als Gegenentwurf zur Alltäglichkeit des ständigen Wohnsitzes fasziniert es bis heute. In jüngster Zeit aber ist es in Bedrängnis geraten. Nicht nur die Wellen der Covid-19-Pandemie mit ihren Lockdowns haben der Hotellerie zugesetzt, sondern auch der wachsende Erfolg von Buchungsportalen für die Vermietung von Privatunterkünften. Doch das Hotel ist weit mehr als nur ein Haus zum Übernachten. Erst seine Gäste machen es zu dem, was es ist: Drehscheibe der Gesellschaft, Sehnsuchts- und Zufluchtsort. Im Schutz seiner Halböffentlichkeit gedeihen weiterhin politische und private Dramen. Allein deshalb bleibt es, wie Marion Löhndorf überzeugend und unterhaltsam argumentiert, ganz einfach unverzichtbar.
Mehr als ein Jahrhundert lang war das Hotel aus dem gesellschaftlichen Leben nicht wegzudenken. Oft stand es an den schönsten Orten, verhieß Luxus und Unbeschwertheit. Es bot eine Kulisse für den großen Auftritt – und für Ereignisse der Weltgeschichte. Für Reisende spielte es eine Hauptrolle. Auf Kunst, Literatur und Film hat das Leben im Hotel immer wieder inspirierend gewirkt. Als Gegenentwurf zur Alltäglichkeit des ständigen Wohnsitzes fasziniert es bis heute. In jüngster Zeit aber ist es in Bedrängnis geraten. Nicht nur die Wellen der Covid-19-Pandemie mit ihren Lockdowns haben der Hotellerie zugesetzt, sondern auch der wachsende Erfolg von Buchungsportalen für die Vermietung von Privatunterkünften. Doch das Hotel ist weit mehr als nur ein Haus zum Übernachten. Erst seine Gäste machen es zu dem, was es ist: Drehscheibe der Gesellschaft, Sehnsuchts- und Zufluchtsort. Im Schutz seiner Halböffentlichkeit gedeihen weiterhin politische und private Dramen. Allein deshalb bleibt es, wie Marion Löhndorf überzeugend und unterhaltsam argumentiert, ganz einfach unverzichtbar.
Das Gespräch, häufig unterstützt durch Mimik und Gestik, ist die wohl wichtigste Form menschlicher Interaktion – sei es im privaten Umfeld, beim Flirt, im Beruf, in Politik und Wirtschaft. Der Rückzug ins »Homeoffice« hat aus dem Blickfeld geraten lassen, wie entscheidend, ja inspirierend ein beiläufiger verbaler Austausch am Arbeitsplatz sein kann. »Wir bleiben im Gespräch«, diese Aussage signalisiert die Bereitschaft zur Verständigung. Verstummt das Wort, steht es auch um unsere Freiheit schlecht. Im Dialog kommen wir einander näher, grenzen uns ab, deuten unsere Welt, verorten uns, entfliehen der Einsamkeit. Kersten Knipp erkundet in diesem Essay die vielfältigen Möglichkeiten, in denen wir sprechend miteinander in Kontakt treten und weshalb das Wort zwar nicht unbedingt der Anfang von allem gewesen sein mag, unser Dasein aber weitgehend bestimmt.
Das Gespräch, häufig unterstützt durch Mimik und Gestik, ist die wohl wichtigste Form menschlicher Interaktion – sei es im privaten Umfeld, beim Flirt, im Beruf, in Politik und Wirtschaft. Der Rückzug ins »Homeoffice« hat aus dem Blickfeld geraten lassen, wie entscheidend, ja inspirierend ein beiläufiger verbaler Austausch am Arbeitsplatz sein kann. »Wir bleiben im Gespräch«, diese Aussage signalisiert die Bereitschaft zur Verständigung. Verstummt das Wort, steht es auch um unsere Freiheit schlecht. Im Dialog kommen wir einander näher, grenzen uns ab, deuten unsere Welt, verorten uns, entfliehen der Einsamkeit. Kersten Knipp erkundet in diesem Essay die vielfältigen Möglichkeiten, in denen wir sprechend miteinander in Kontakt treten und weshalb das Wort zwar nicht unbedingt der Anfang von allem gewesen sein mag, unser Dasein aber weitgehend bestimmt.
Die kulturellen und gesellschaftlichen Konflikte in den westlichen Demokratien verschärfen sich zusehends. Befeuert wird diese Entwicklung dadurch, dass im Namen einer höheren Moral zentrale Errungenschaften der Aufklärung in Frage gestellt werden. Das persönliche Erleben gerät zum entscheidenden Orientierungspunkt. Gesammelte Wissensbestände und historisch gewachsene Erkenntnisse hingegen gelten als Relikte einer unaufgeklärten und schuldbeladenen Gesellschaft. Wer hätte noch vor einigen Jahren vorhergesehen, dass nur noch identitätspolitisch ausgewiesene Personengruppen zu bestimmten Themen Stellung beziehen dürften; dass die Wissenschaftsfreiheit in Frage gestellt, die Bereitschaft zum Widerspruch in besorgniserregendem Ausmaß sinken würde? Nicht die Verbesserung des Bestehenden, sondern eine radikale Umorientierung wird seitens »woker« Vordenker angestrebt. Biologische und lebensweltliche Tatsachen gelten als bloße Zuschreibung, unbeschränkte Selbstbestimmung wird zum Gebot der Stunde. Auf welcher Grundlage sich der Mensch, der sich aller natürlichen Beschränkungen enthoben glaubt und aller Konventionen und Traditionen entledigt hat, selbst und beständig neu erschaffen soll, bleibt allerdings im Dunkeln. Bernd Ahrbeck zeigt die Gefahren auf, die von der Utopie einer grenzenlosen Machbarkeit ausgehen.
Die kulturellen und gesellschaftlichen Konflikte in den westlichen Demokratien verschärfen sich zusehends. Befeuert wird diese Entwicklung dadurch, dass im Namen einer höheren Moral zentrale Errungenschaften der Aufklärung in Frage gestellt werden. Das persönliche Erleben gerät zum entscheidenden Orientierungspunkt. Gesammelte Wissensbestände und historisch gewachsene Erkenntnisse hingegen gelten als Relikte einer unaufgeklärten und schuldbeladenen Gesellschaft. Wer hätte noch vor einigen Jahren vorhergesehen, dass nur noch identitätspolitisch ausgewiesene Personengruppen zu bestimmten Themen Stellung beziehen dürften; dass die Wissenschaftsfreiheit in Frage gestellt, die Bereitschaft zum Widerspruch in besorgniserregendem Ausmaß sinken würde? Nicht die Verbesserung des Bestehenden, sondern eine radikale Umorientierung wird seitens »woker« Vordenker angestrebt. Biologische und lebensweltliche Tatsachen gelten als bloße Zuschreibung, unbeschränkte Selbstbestimmung wird zum Gebot der Stunde. Auf welcher Grundlage sich der Mensch, der sich aller natürlichen Beschränkungen enthoben glaubt und aller Konventionen und Traditionen entledigt hat, selbst und beständig neu erschaffen soll, bleibt allerdings im Dunkeln. Bernd Ahrbeck zeigt die Gefahren auf, die von der Utopie einer grenzenlosen Machbarkeit ausgehen.
Die Debatte um Raubkunst und Restitution wird seit einiger Zeit mit großer Vehemenz geführt. Eine Schlüsselfigur dabei ist die in Berlin und Paris lehrende französische Kunsthistorikerin Bénédicte Savoy. Gemeinsam mit dem senegalesischen Sozialwissenschaftler Felwine Sarr erstellte sie im Auftrag von Emmanuel Macron einen »Bericht« über die Möglichkeiten einer Rückgabe afrikanischer Kulturgüter, die sich in französischen Museen befinden. Die Wirkung dieses Berichts entfaltete allerdings in Deutschland eine ungleich größere Wirkung: Mit der Eigentumsübertragung des Komplettbestands der Benin-Bronzen wurde hierzulande ein Präzedenzfall geschaffen. Das Prinzip der Unveräußerlichkeit des öffentlichen Kulturbesitzes ist zurückgetreten hinter der Maxime »Im Zweifel für die Restitution«. Patrick Bahners erörtert anhand von Savoys Texten den Mechanismus, der die öffentliche Debatte mittlerweile antreibt. Kunst gerät (wieder) zum Gegenstand eines quasi-religiösen moralischen Enthusiasmus, und Wissenschaft wirkt im Namen des Expertentums über medialen Druck auf die Politik ein.
Die Debatte um Raubkunst und Restitution wird seit einiger Zeit mit großer Vehemenz geführt. Eine Schlüsselfigur dabei ist die in Berlin und Paris lehrende französische Kunsthistorikerin Bénédicte Savoy. Gemeinsam mit dem senegalesischen Sozialwissenschaftler Felwine Sarr erstellte sie im Auftrag von Emmanuel Macron einen »Bericht« über die Möglichkeiten einer Rückgabe afrikanischer Kulturgüter, die sich in französischen Museen befinden. Die Wirkung dieses Berichts entfaltete allerdings in Deutschland eine ungleich größere Wirkung: Mit der Eigentumsübertragung des Komplettbestands der Benin-Bronzen wurde hierzulande ein Präzedenzfall geschaffen. Das Prinzip der Unveräußerlichkeit des öffentlichen Kulturbesitzes ist zurückgetreten hinter der Maxime »Im Zweifel für die Restitution«. Patrick Bahners erörtert anhand von Savoys Texten den Mechanismus, der die öffentliche Debatte mittlerweile antreibt. Kunst gerät (wieder) zum Gegenstand eines quasi-religiösen moralischen Enthusiasmus, und Wissenschaft wirkt im Namen des Expertentums über medialen Druck auf die Politik ein.
Wo eigentlich liegt der Cyberspace? Können wir ihn fühlen, riechen, durchschreiten – hat er ein sinnliches Korrelat in der materiellen Welt? Während der reale, weltliche Raum, der physische Boden im 21. Jahrhundert durch fortschreitende Urbanisierung, klimatische Veränderungen und Raubbau an Ressourcen knapper zu werden droht, expandiert die virtuelle Welt in rasender Geschwindigkeit. Mehr und mehr gerät der Mensch zum dissoziativen Wesen: mit dem Kopf in der Datenbrille und den Füßen im Nirgendwo. Was aber bleibt, wenn körperliche Erfahrung durch Simulationen verdrängt, erlebte Wirklichkeit zusehends im Datennirwana aufgelöst wird? Wie kann sich der scheinbar entmaterialisierte Mensch in Zukunft verorten? Ralf Hanselle entwirft in seinem Essay ein Bild der conditio humana des heraufziehenden Homo digitalis.
Wo eigentlich liegt der Cyberspace? Können wir ihn fühlen, riechen, durchschreiten – hat er ein sinnliches Korrelat in der materiellen Welt? Während der reale, weltliche Raum, der physische Boden im 21. Jahrhundert durch fortschreitende Urbanisierung, klimatische Veränderungen und Raubbau an Ressourcen knapper zu werden droht, expandiert die virtuelle Welt in rasender Geschwindigkeit. Mehr und mehr gerät der Mensch zum dissoziativen Wesen: mit dem Kopf in der Datenbrille und den Füßen im Nirgendwo. Was aber bleibt, wenn körperliche Erfahrung durch Simulationen verdrängt, erlebte Wirklichkeit zusehends im Datennirwana aufgelöst wird? Wie kann sich der scheinbar entmaterialisierte Mensch in Zukunft verorten? Ralf Hanselle entwirft in seinem Essay ein Bild der conditio humana des heraufziehenden Homo digitalis.
In Zeiten von Selbstoptimierung und Hyperindividualismus nimmt die Bindungskraft der Parteien, Klubs, Sport-, Kultur- oder Musikvereine ab. Frei wie noch nie sind die Menschen heute, aber es wird ihnen langsam kalt in ihrer Selbstbezogenheitsblase. Sie sehnen sich nach Behaglichkeit – und die scheinen neue homogene Gruppen eher zu bieten als traditionelle Organisationen. Martin Hecht blickt auf die zeitgenössischen Ausprägungen einer Herdenmentalität, die sich in selbstreferenziellen Ritualen ausdrückt. Gruppen zeigen heute verstärkt die Tendenz, sich vom Rest der Gesellschaft abzugrenzen: als Spaß-, Party-, Motto-, Lifestyle-, Selbsterfahrungs-, Fan- oder Chat-Vereinigungen. Allein das Wir-Erlebnis zählt innerhalb dieser Gemeinschaften, deren Personal – gern auch enthemmt – in ihnen aufzugehen hofft. Doch wo dies das einzige Ziel bleibt, geraten Stimmung und Event zum Selbstzweck, die Welt bleibt draußen. »Gruppe und Graus« beschreibt die Entwicklungslinien dieses Rückzugs in private Schutzräume und zeigt die Gefahren auf, die er für den gesellschaftlichen Zusammenhalt birgt.
In Zeiten von Selbstoptimierung und Hyperindividualismus nimmt die Bindungskraft der Parteien, Klubs, Sport-, Kultur- oder Musikvereine ab. Frei wie noch nie sind die Menschen heute, aber es wird ihnen langsam kalt in ihrer Selbstbezogenheitsblase. Sie sehnen sich nach Behaglichkeit – und die scheinen neue homogene Gruppen eher zu bieten als traditionelle Organisationen. Martin Hecht blickt auf die zeitgenössischen Ausprägungen einer Herdenmentalität, die sich in selbstreferenziellen Ritualen ausdrückt. Gruppen zeigen heute verstärkt die Tendenz, sich vom Rest der Gesellschaft abzugrenzen: als Spaß-, Party-, Motto-, Lifestyle-, Selbsterfahrungs-, Fan- oder Chat-Vereinigungen. Allein das Wir-Erlebnis zählt innerhalb dieser Gemeinschaften, deren Personal – gern auch enthemmt – in ihnen aufzugehen hofft. Doch wo dies das einzige Ziel bleibt, geraten Stimmung und Event zum Selbstzweck, die Welt bleibt draußen. »Gruppe und Graus« beschreibt die Entwicklungslinien dieses Rückzugs in private Schutzräume und zeigt die Gefahren auf, die er für den gesellschaftlichen Zusammenhalt birgt.
Stilkunden beschäftigen sich in der Regel mit dem, was als guter Stil gilt, der schlechte findet allenfalls am Rande Erwähnung. Dabei ist er, statistisch gesehen, viel verbreiteter als der gute und verdiente schon deshalb größere Aufmerksamkeit. Außerdem hat er in seinen mannigfaltigen Erscheinungsformen durchaus eigene, wenn auch meist unbeabsichtigte Reize. Stefan aus dem Siepen nimmt sich ihrer mit der Leidenschaft eines maliziösen Genießers an. Erzählerische Nachlässigkeiten, überfrachtete Sätze, missglückte Anfänge, preziöse Wortwahl, sprachliche Vulgaritäten, schiefe Metaphern, raunende Titel, ungelenke Intimszenen, … – sämtliche vorgestellten stilistischen Patzer stammen aus den Federn großer Schriftsteller. Selbst diese waren gegen gelegentliche Ausrutscher nicht gefeit. Stefan aus dem Siepen legt mit seiner spiegelverkehrten Stilkunde keine Anthologie pedantisch kompilierter literarischer Fehlgriffe vor, vielmehr erweist er dem Geglückten seine Reverenz. Denn die Reflexionen über das sprachliche Pappmaché handeln immer auch von den edleren Materialien der Literatur.
Stilkunden beschäftigen sich in der Regel mit dem, was als guter Stil gilt, der schlechte findet allenfalls am Rande Erwähnung. Dabei ist er, statistisch gesehen, viel verbreiteter als der gute und verdiente schon deshalb größere Aufmerksamkeit. Außerdem hat er in seinen mannigfaltigen Erscheinungsformen durchaus eigene, wenn auch meist unbeabsichtigte Reize. Stefan aus dem Siepen nimmt sich ihrer mit der Leidenschaft eines maliziösen Genießers an. Erzählerische Nachlässigkeiten, überfrachtete Sätze, missglückte Anfänge, preziöse Wortwahl, sprachliche Vulgaritäten, schiefe Metaphern, raunende Titel, ungelenke Intimszenen, … – sämtliche vorgestellten stilistischen Patzer stammen aus den Federn großer Schriftsteller. Selbst diese waren gegen gelegentliche Ausrutscher nicht gefeit. Stefan aus dem Siepen legt mit seiner spiegelverkehrten Stilkunde keine Anthologie pedantisch kompilierter literarischer Fehlgriffe vor, vielmehr erweist er dem Geglückten seine Reverenz. Denn die Reflexionen über das sprachliche Pappmaché handeln immer auch von den edleren Materialien der Literatur.
Die Geburtsurkunde des Radios in Deutschland ist auf den 29. Oktober 1923 datiert. Vier Jahre später schon ließ sich Charles Lindberghs spektakulärer Flug über den Atlantik per Funk verfolgen. Das Weltgeschehen drang von da an bis in die entlegensten Winkel. Ein Knopfdruck genügte. Stephan Krass nimmt seine Leser mit auf eine fulminante Reise durch hundert Jahre Rundfunk – von den verheißungsvollen Anfängen in der Weimarer Republik über die Gleichschaltung unter Goebbels und dem akustischen Krieg alliierter Geheimdienste bis hin zu den legendären philosophischen Streitgesprächen der frühen Bundesrepublik, den Hörspielen, Bildungs- und Unterhaltungssendungen, Sportübertragungen und Livereportagen. Schließlich blickt er auf das erfolgreichste akustische Medium seit der Erfindung des Radios: den Podcast.
Die Geburtsurkunde des Radios in Deutschland ist auf den 29. Oktober 1923 datiert. Vier Jahre später schon ließ sich Charles Lindberghs spektakulärer Flug über den Atlantik per Funk verfolgen. Das Weltgeschehen drang von da an bis in die entlegensten Winkel. Ein Knopfdruck genügte. Stephan Krass nimmt seine Leser mit auf eine fulminante Reise durch hundert Jahre Rundfunk – von den verheißungsvollen Anfängen in der Weimarer Republik über die Gleichschaltung unter Goebbels und dem akustischen Krieg alliierter Geheimdienste bis hin zu den legendären philosophischen Streitgesprächen der frühen Bundesrepublik, den Hörspielen, Bildungs- und Unterhaltungssendungen, Sportübertragungen und Livereportagen. Schließlich blickt er auf das erfolgreichste akustische Medium seit der Erfindung des Radios: den Podcast.
Die Verteilung des Geistes auf die Geschlechter war nach dem Zweiten Weltkrieg in Westdeutschland klar geregelt. Männer sprachen und schrieben mit Aplomb über Literatur und Kunst, Philosophie und Politik, Frauen durften ihnen zuhören und sie bewundern. Wie konnte eine junge Frau, in eine Familie von Sportlern geboren, unter diesen Bedingungen zu einer prägenden Intellektuellen der Bundesrepublik werden? Hannelore Schlaffer hat keine Autobiographie geschrieben, sondern Miniaturen, in denen die Wandlung der geistigen Physiognomie der Bundesrepublik exemplarisch aufscheint. Weshalb löste Tee den Kaffee als Modegetränk für Geistesarbeiter ab, nur um wieder vom Kaffee verdrängt zu werden? Wie ändert sich das Verhältnis zum Geld in einem intellektuellen »Dinks«-Haushalt? Was sagt die Architektur von Bibliotheken über die gesellschaftliche und eigene Wahrnehmung ihrer Nutzer aus? Eine alltagshistorische Bestandsaufnahme, die von der frühen Bundesrepublik bis in die Jetztzeit führt.
Die Verteilung des Geistes auf die Geschlechter war nach dem Zweiten Weltkrieg in Westdeutschland klar geregelt. Männer sprachen und schrieben mit Aplomb über Literatur und Kunst, Philosophie und Politik, Frauen durften ihnen zuhören und sie bewundern. Wie konnte eine junge Frau, in eine Familie von Sportlern geboren, unter diesen Bedingungen zu einer prägenden Intellektuellen der Bundesrepublik werden? Hannelore Schlaffer hat keine Autobiographie geschrieben, sondern Miniaturen, in denen die Wandlung der geistigen Physiognomie der Bundesrepublik exemplarisch aufscheint. Weshalb löste Tee den Kaffee als Modegetränk für Geistesarbeiter ab, nur um wieder vom Kaffee verdrängt zu werden? Wie ändert sich das Verhältnis zum Geld in einem intellektuellen »Dinks«-Haushalt? Was sagt die Architektur von Bibliotheken über die gesellschaftliche und eigene Wahrnehmung ihrer Nutzer aus? Eine alltagshistorische Bestandsaufnahme, die von der frühen Bundesrepublik bis in die Jetztzeit führt.
Entdecken Sie das aktuelle zu-Klampen!-Verlagsprogramm. Hier finden Sie die Verlagsvorschau – einfach direkt online reinlesen oder herunterladen.
News zu aktuellen Neuheiten und Nachrichten im zu Klampen! Verlag – jederzeit wieder abbestellbar.
Damit Sie unsere Website optimal nutzen können, setzen wir Technologien wie Cookies ein. Diese ermöglichen es uns, Geräteinformationen zu speichern und zu verarbeiten – etwa zur Analyse des Surfverhaltens oder zur Nutzung eindeutiger IDs. Wenn Sie nicht zustimmen oder Ihre Einwilligung später widerrufen, kann dies die Funktionalität der Seite einschränken.
Unsere Seite wird aktuell modernisiert…
Da die Umstellungen schrittweise erfolgen, kann es vereinzelt noch zu kleineren Fehlern oder Darstellungsproblemen kommen. Wir bitten in diesen Fällen um Ihr Verständnis.
Vielen Dank!