Papst Benedikt XVI., Joseph Ratzinger, wird als ‚Der Intellektuelle auf dem Heiligen Stuhl‘ verehrt, weil er Glauben und Vernunft nicht als Gegensätze sieht. Wie aber steht es um den Vernunftgebrauch des Heiligen Vaters? Im Frühjahr 2007 veröffentlichte er ein Jesusbuch, das den Jesus der Evangelien als den wirklichen, historischen Jesus darstellt. Er hält die Evangelisten für zuverlässige Zeugen und verwirft den allgemeinen kritischen Konsens, daß zahlreiche Jesusworte und -taten erst später erfunden wurden und daß wir demgemäß nur wenig Sicheres über Jesus wissen. Gerd Lüdemann – selbst Verfasser einer umfassenden Untersuchung aller erhaltenen Jesustraditionen aus den ersten beiden Jahrhunderten – überprüft die Ausführungen Joseph Ratzingers in einer auch für Nicht-Theologen verständlichen Weise. Seine Untersuchungen zum Jesusbild von Joseph Ratzinger erweisen, daß der Papst in seinen Auslegungen biblischer Texte die Vernunft vor den Karren des Glaubens spannt. Auch der Intellektuelle Benedikt XVI., so Lüdemanns Resultat, muß historisch gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse um der Rettung des kirchlichen Dogmas willen verbiegen.
Poet, Predigtlehrer und Freund – diesem Dreiklang von Heinz Kattners Existenz möchte die Anthologie des seit 15 Jahren sich unter dem Motto „Poesie und Alltag“ freundschaftlich verbindenden Kollegenkreises zu seinem 60. Geburtstag huldigen, indem sie Gedichte, Texte, Zitate Heinz Kattners, Stellen der Bibel und das eigene Schreiben zusammenbringt zu Beiträgen, in denen dieser Dreiklang sein Echo findet, – und so dem Leser Bruchstücke unserer Konfession zuspielen. Texte von Heinz Kattner • Hannelies Taschau • Oskar Ansull • Georg Oswald Cott • Hugo Dittberner • Hans Georg Bulla • Wilhelm Steffens • Johann P. Tammen
Die Buchbranche zwischen Glamour und Jammer: Uwe Wittstock ist als früherer Lektor und heute als Kritiker und Autor bestens mit den notorischen Stimmungsschwankungen des Literaturbetriebs vertraut. Abseits des medienwirksamen Jubelns und Klagens hat er eine stille, aber zahlenmäßig starke Gruppe von Suchtgefährdeten ausgemacht: die Büchersäufer. Unbeeindruckt vom Gerede über den angeblich bevorstehenden Untergang des Kulturguts Buch, sind sie dem Lesen hoffnungslos verfallen. Uwe Wittstock geht der Sucht nach, stellt Buchhändler vor, die – mit geringen finanziellen Mitteln, aber unter hohem persönlichen Einsatz – ihre Stammkunden jahrzehntelang mit der heißbegehrten Ware versorgen, oder Verleger, die das Rauschmittel auf den Markt bringen. Er fragt, ob die fortschreitende Ausbreitung der Buchhandelsketten das Aus für bestimmte literarische Sparten bedeutet, was die Deutschen bevorzugt lesen und ob sie wirklich weder Talent für Krimi noch für Revolutionen haben. Und seufzt im Anschluß an die Lektüre absatzträchtiger Liebesromane, ob nicht, bitte, einmal ein ernstzunehmender darunter sein könnte. – Themen, denen er ganz ohne kulturpessimistische Scheuklappen nachgeht und die er mit Hintersinn und höchst amüsant beleuchtet.
Das ZDF feierte Heinrich Göbel (1818 – 1893) als den eigentlichen Erfinder der elektrischen Glühlampe, in vielen Enzyklopädien ist es nachzulesen, die Post ehrte Göbel noch 2004 mit einer Briefmarke. Seine Geburtsstadt Springe feierte ihn mit Festen, Münzen und monumentalen Denkmalen – und doch ist alles nur Legende. ‚Die Göbel-Legende. Der Kampf um die Erfindung der Glühlampe‘ zeigt, wie die Legende entstanden ist, wie sie sich ausbreiten konnte und welche grotesken Folgen sie hat.
Herausgeber und Redaktion verstehen die Zeitschrift erstens als Diskussionsforum für die materiale Anwendung kritischer Theorie auf aktuelle Gegenstände und zweitens als Rahmen für das Gespräch zwischen den verschiedenen methodologischen Auffassungen über die heutige Form kritischer Theorie. Drittens geht es schließlich darum, vereinzelte theoretische Anstrengungen thematisch zu bündeln und kontinuierlich zu präsentieren. Damit beabsichtigen wir, Autoren zu motivieren, sich an jenem Klärungs- und Aufklärungsprozess zu beteiligen, für den das Projekt kritischer Theorie(n) nach wie vor – oder mehr denn je? – steht.
Mittelwärts – Sequenzen/ ICH NAHM mein Kindheitsflüßchen auf den Rücken/ mit Gras im Mund mit toten Fischen/ mein Rücken schmerzte nicht mit Gras/ kein Ruderschlag kein Nachen, ich nahm‘s/ nicht schwer und trug es weit über das Land/ das Land so flach gespreizte Straßenzüge/ die Rippen waren kräftig auch die Schultern/ schmerzten nicht, im Mund die Sprache fremd/ doch sehr klein blieb das Flüßchen wortlos/ in einem großen Land mit Gras im Mund/ es rann und tröpfelte in einer Spur/ in einem großen Land gespreizter Himmel/ ich hatte nie gedacht, daß ich es weitertrüge/ mit Entzücken mit toten Fischen nahm ich/ mein Kindheitsflüßchen flach und sprachlos jetzt/ der Mund der Rücken aufrecht gegen die Sonne/ grüne steile Hänge rundum und trug es weit .’Ursula Krechels Bilder sind oft von einer Schönheit, die in der gegenwärtigen Lyrik ihresgleichen sucht.‘ Alexander von Bormann, Sender Freies Berlin ‚Fesselnder, verstörender, konzentrierter, formstrenger hat sie nie geschrieben…‘ Michael Braun, Stuttgarter Zeitung
Der Begriff der Heimat hat eine dunkle Geschichte, die der Erhellung bedarf, und sie hat womöglich mehr Zukunft, als uns lieb ist. Je mehr Heimatlosigkeit die mobile, flexible neoliberale Welt mit sich bringt, desto unausweichlicher wird es, von Heimat zu reden. Heimat ist ein deutsches Wort, das sich nicht umstandslos in andere Sprachen übersetzen läßt. Heim, Haus, Schutz, Seßhaftigkeit schwingen da mit. Heimat ist, wo man zu Hause, geborgen, mit allem vertraut ist. Heimat ist ein Idiom. Es ist schwer belastet mit Geschichte. Deutsche Romantik, deutsche Volkstümelei und deutscher Faschismus haben sich ausgiebig seiner bedient. Unzählige Male ist es mißbraucht und verhunzt worden. Aber sein Mißbrauch raubt ihm keineswegs alle Berechtigung. Im Gegenteil, ihr verantwortungsvoller Gebrauch wird um so dringlicher. Solange das Gefühl, das sich Heimweh nennt, bei kleinen und großen Kindern nicht ausstirbt, gibt es keinen vernünftigen Grund, das Wort Heimat aus der deutschen Sprache zu tilgen.
‚Wir haben zuwenig Kinder und wir werden immer älter. Unsere Zukunft und die unserer Kinder steht auf dem Spiel‘, sagt Horst Köhler. ‚Im Krieg der Generationen sind Sie dabei. Tatsächlich ist unsere Lage unhaltbar geworden‘, sagt Frank Schirrmacher. Nicholas Strange aber fragt: Wird die schrumpfende Zahl von Arbeitsfähigen wirklich unvermeidlich von der dramatisch steigenden Masse alter Leute erdrückt? Zwar ist an der demographischen Entwicklung kein Zweifel möglich. Die Folgen aber stellen dank der vorhandenen Produktivitäts- und Arbeitskraftreserven unserer Wirtschaft kein unvermeidliches Problem dar. Denn bei fünf Millionen Arbeitslosen, durchschnittlich zweiprozentigem Produktivitätsfortschritt pro Jahr und vergleichsweise extrem langen Ausbildungszeiten sind diese Reserven in Deutschland sehr groß. Seine detaillierte Analyse läßt den Autor zu dem Schluß kommen: Im schlimmsten Falle werden wir in 50 Jahren nur doppelt, nicht dreimal so großen Wohlstand genießen können wie heute.
Herausgeber und Redaktion verstehen die Zeitschrift erstens als Diskussionsforum für die materiale Anwendung kritischer Theorie auf aktuelle Gegenstände und zweitens als Rahmen für das Gespräch zwischen den verschiedenen methodologischen Auffassungen über die heutige Form kritischer Theorie. Drittens geht es schließlich darum, vereinzelte theoretische Anstrengungen thematisch zu bündeln und kontinuierlich zu präsentieren. Damit beabsichtigen wir, Autoren zu motivieren, sich an jenem Klärungs- und Aufklärungsprozess zu beteiligen, für den das Projekt kritischer Theorie(n) nach wie vor – oder mehr denn je? – steht.
In der Dichtung Christian Saalbergs hallt der Surrealismus nach und wird auf eigenständige Weise weitergeführt. Seine Bilder und Metaphern sind nicht gekünstelt, der Tonfall der Gedichte verzichtet auf hohles Pathos, Konkretes und Abstraktes wird auf überraschende Weise kombiniert. Es komme, was da mag // Ich esse nicht./ Ich trinke nicht./ Ich schlafe nicht./ Ich lebe nicht./ Gebe mich damit zufrieden, bei meinem Rundgang/ durch die Ruinen über Pyramiden zu stolpern/ Und vor einer Sphinx zu verweilen, deren/ wundervoller Leichnam mir das Leben zeigt,/ Das sich in mir verbirgt: / Ein roter Ast, zusammengefallene Schatten/ und unter schlummernden Lidern/ Die Erinnerung an den Tod.
Mit einer poetischen ‚Leichtigkeit des Seins‘ erfreut Jürgen Theobaldy die Lyrikliebhaber. In seinen neuen Gedichten, meist kaum mehr als fünf Zeilen lang, läßt die Meisterschaft dieses Dichters Gefühle und überraschende Einsichten aufleuchten, die klug zusammenklingen und sich einprägen. ‚Dass die Gedichte so unaufgeregt daherkommen, so wunderbar leicht und kunstvoll, ist auch das, was sie auszeichnet – und bleibt Teil ihres Geheimnisses.‘ Neue Zürcher Zeitung Nach Mitternacht zurück // Wer nur wieder hat sie/ brennen lassen, die Lampe/ auf dem Estrich?/ Ach was, der Glanz/ des Mondes ist es/ auf dem Ziegeldach // Im Zug // Wiesen, Grünes überhaupt,/ die Teiche und Bäche glatt, Gehöfte./ Will ich es aufschreiben,/ wird Frankreich endlos.
Neue Gedichte von Günter Kunert, und ein vertrauter Ton. Der Titel Ohne Botschaft enthält eine paradoxe Geste: als könnte man sich diesen poetischen Texten in Unschuld nähern. Doch die Gedichte führen auf Wahrnehmungs- und Gedankenwegen immer wieder vor den eigenen Spiegel. Dort wird Geschichte und Biografie beleuchtet. Im Zentrum stehen Elegien mit einem verhaltenen Ton. Der klingt nach dem Lesen weiter und läßt sich übersetzen für kommende Tage. ‚In seinen Gedichten sieht er die Welt des Willens von ihren Enden her … Wenn in Kunerts poetischem Kosmos die Erlösung keinen Raum gewinnt … heißt das noch nicht, man könne den Dichter als tiefschwarzen Fatalisten eingeordnet halten … Melancholiker bestimmt, aber nicht so, daß sich daraus eine poetische Depression rezensieren ließe, wie es immer wieder geschieht. … Bei allem Zerstörungswissen … immer hat es Günter Kunert gewußt, das Leben ist schön.‘ Jürgen Verdofsky, Frankfurter Rundschau
Die Ordnung des Schnees ist der erste Gedichtband von Andreas Münzner. Er läßt die Erscheinungen und die Dinge sprechen und geht mit seinen Metaphern über gewohnte Grenzen. Seine Welt entsteht aus einem feinen Empfinden für das Absurde in bekannten Wahrnehmungen: ‚wo die Maschinen / sich nach einem Wort / des Zuspruchs sehnen.‘ Meisterhaft beobachtet er, verschiebt und verwandelt er Eigenschaften und Perspektiven. Seine Poesie schreibt sich – manchmal märchenhaft suggestiv – in einem klangvollen Erzählton von Gedicht zu Gedicht. ‚Hier schreibt einer so, wie man tanzen sollte. Mit hohem Formbewusstsein, jugendlicher Verspieltheit, unschuldiger Sinnlichkeit.‘ Carsten Hueck, Financial Times Deutschland
Im Mai 1998 wird Ronny Rieken, Vater von drei kleinen Kindern, festgenommen. Er soll zwei Mädchen missbraucht und ermordet haben. Der erste großflächige Einsatz eines Speicheltests zur Genanalyse hat die Polizei auf seine Spur geführt. Rieken gesteht sofort, ist kooperativ, bereut anscheinend aufrichtig. Der Fall ist geklärt. Für die Ermittler. Für die Gesellschaft hingegen bleibt der Fall ungeklärt. Was treibt einen Menschen dazu, wehrlose Geschöpfe, die seine eigenen Kinder sein könnten, zu mißbrauchen, zu quälen, zu töten? Warum brechen die zivilisatorischen Schutzwälle der menschlichen Psyche so unvermittelt? Weshalb halten diese Schutzwälle bei den meisten, bei einem wie Ronny Rieken aber nicht? Heinrich Thies hat zahlreiche Gespräche mit Ronny Rieken in der Haftanstalt geführt, er hat mit den Eltern seiner Opfer gesprochen, Psychiater, Psychologen, Polizeibeamte, Kriminologen und Familienangehörige befragt, den Mordprozeß besucht, das psychiatrische Gutachten und die Urteilsbegründung ausgewertet. Das beeindruckende und beklemmende Portrait eines Kindermörders von Heinrich Thies zeigt, wie nah Abgrund und Normalität beieinanderliegen.
Das beliebte, reich bebilderte Kunst- und Kultur-Lexikon (KKL) erschließt das kulturgechichtliche Einst und Jetzt Hannovers. Für die Neuausgabe wurden die drei Teile (Chronologien, Kunst- und Baudenkmäler, Biographien) des Buches auf den neuesten Stand gebracht und ergänzt. Neu hinzugekommen sind Kurzcharakteristiken der wichtigsten kulturellen Institutionen und Vereine in Hannover; neu ferner auch der Überblick über wichtige Kulturdenkmäler jenseits der Stadtgrenzen im Raum Hannover. Die Neuausgabe macht das Werk wieder zum zuverlässigsten Kompendium für die kulturelle Erschließung Hannovers zu Hause und vor Ort.
Schillers Todestag jährt sich im Mai 2005 zum 200. Mal. Burkhard Müller will den Untiefen der Jubiläumsliteratur entgehen. Weder läßt er Schiller ein weiteres biographisches Begräbnis erster Klasse zuteil werden. Noch tut er ihn als ‚Idealisten‘ ab, also als sympathischen Spinner. Stattdessen geht er von dem aus, was Schillers Größe ausmacht: der leidenschaftlichen Sprache des Dichters, in der er seine Bühnenfiguren erschafft und sie zu ihren Taten vorantreibt. Wie in seinem dramatischen Werk läßt Schiller sich auch in seinen philosophischen und historischen Schriften vom szenischen Sprachdenken fortreißen, halsbrecherisch kommen seine Thesen daher; sie gleichen Verschwörungen des Geistes, wobei der ausgefuchste Plan immerfort durch die kühne Improvisation überholt wird. In unserem Zeitalter, dessen Theater schwach und dessen Theorieunlust ausgeprägt ist, ist Burkhard Müllers schwungvoller Essay eine Provokation – und wird damit dem Vermächtnis Schillers gerecht.’Wie oft habe ich den Regisseur verflucht, der die Schauspieler, die ersichtlich ihr Handwerk könnten, wenn man sie nur ließe, für seine Mätzchen verbrät wie ein stümperhafter Koch, der aus lauter erstklassigen Zutaten einen Fraß anrichtet und dafür gar noch gelobt werden will! Das Theater wird nur dann eine Zukunft haben, wenn es wieder zum Theater der Schauspieler wird und dem Regisseur den Platz anweist, der ihm zukommt, irgendwo zwischen Garderobenfrau und Beleuchter.‘ Burkhard Müller
Die Studien über Autorität und Familie sind neben der Zeitschrift für Sozialforschung das wichtigste kollektive Werk des frühen Frankfurter Instituts für Sozialforschung. Sie wurden zum Grundlagenwerk der Familiensoziologie und begründeten die empirische Sozialforschung im deutschsprachigen Raum. Horkheimers Programm einer Durchdringung von Empirie mit materialistischer Theorie wird in ihnen paradigmatisch an der Familie als zentraler Instanz der Sozialisation durchgeführt. Die Studien umfassen drei Abteilungen. In der ersten Abteilung umreißen Horkheimer, Fromm und Marcuse in großen theoretischen Entwürfen die allgemeine kulturtheoretische, die sozialpsychologische und die ideengeschichtliche Dimension des Verhältnisses von Autorität und Familie. Die zweite Abteilung dokumentiert die empirischen Untersuchungen des Instituts. Dabei werden nicht nur die Ergebnisse der einzelnen Erhebungen etwa bei Arbeitern und Angestellten, bei Jugendlichen oder bei Arbeitslosen dargelegt, sondern immer auch die angewandten Methoden ausgewiesen und die verfolgten Ziele erläutert. Die dritte Abteilung enthält verschiedene Einzelstudien und Literaturberichte. ‚Es ist ein Verdienst des zu Klampen Verlages, die ‚Studien‘ nach über 50 Jahren erneut geschlossen (und somit ihren ursprünglichen Zusammenhang wiederherstellend) vorgelegt zu haben.‘ Deutsche Zeitschrift für Philosophie Das Buch ist ‚ebenso solide wie ansprechend gestaltet‘. Merkur
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