Vor 60 Jahren begann der Bau der U-Bahn in Hannover – ein Jahrhundertprojekt und die größte Baustelle, die Hannover je erlebt hat. Bereits zehn Jahre nach Baubeginn rollte der erste Zug durch den Untergrund der Landeshauptstadt. »Als Hannover Fahrt aufnahm« blickt zurück auf das bahnbrechende Vorhaben, welches das Gesicht der Stadt für immer veränderte. Die Autoren schildern nicht nur die Komplexität der Aufgabe, sondern auch die zahlreichen Herausforderungen bei der Durchführung, und erklären, wie aus der U-Bahn die heutige Stadtbahn wurde. Anekdoten von Zeitzeugen machen jene Phase der Stadtgeschichte lebendig und erzählen etwa, wie ein gigantisches Loch zu einer jahrelangen Besucherattraktion wurde und warum sogar Hannovers König zeitweise seinen angestammten Platz räumen musste. Eine Chronik der langen Geschichte des Nahverkehrs in der Landeshauptstadt – und ein Ausblick auf die Zukunft der Stadtbahn.
Ein todkranker Kunsthändler spielt lieber stundenlang mit dem Taxifahrer in einer Kneipe Schach, als sich ins einsame Hotelzimmer bringen zu lassen. Eine Notärztin erträgt ihren Beruf nur noch mit Galgenhumor. Ein dreizehnjähriges Mädchen hält vier Polizisten gleichzeitig in Atem. Und eine attraktive Blondine küsst den Chauffeur während der Fahrt unvermittelt auf den Mund. Thorsten Amrhein hat über 27 Jahre Erfahrung als Taxifahrer. Die Fahrgäste wechseln – die menschliche Natur bleibt gleich. Die Gäste, die in seinem Wagen Platz nehmen, wollen zwar von A nach B gelangen, aber meist suchen sie noch etwas anderes: Rat in schwierigen Lebenslagen, kurzweiliges Vergnügen oder vielleicht das große Glück? Jede Schicht steckt voller Unvorhersehbarkeiten. Mal liefern die Gäste ein Comedyprogramm, mal fliegen die Fäuste auf der Rückbank. Der Taxifahrer muss auf alles gefasst sein – er ist Zuhörer, Krisenberater oder stiller Beobachter von Dramen, die das Leben selbst schreibt.
Mit der Vorlesung zum Wissenschaftsbegriff des Deutschen Idealismus startet die Edition einer Reihe von Vorlesungen Peter Bulthaups. Die vorliegende Vorlesung galt ihm als seine Einführung in die Philosophie. Für Bulthaups Philosophie war es zentral, den Wissenschaftsbegriff des Deutschen Idealismus zu erläutern. Bulthaup wandte sich damit gegen die an Philosophie-Instituten gängige Praxis, mit einführenden Vorlesungen zur »Wissenschaftstheorie« oder mit Überblicksvorlesungen zur Geschichte der Philosophie zu beginnen. Eine textnahe Darlegung dessen, womit Hegel in der Vorrede zur Phänomenologie des Geistes sein Philosophieren eröffnete, sollte für die Studierenden aufschließen, wie anzufangen sei. Bulthaup verstand seine Vorlesungen stets als Fortführung der kritischen Theorie. Nach Adornos Tod und der Integration der Erben Adornos in den Mainstream beharrte er darauf, durch Reflexion der philosophischen Grundlagen der kritischen Theorie deren Gesellschaftstheorie freizusetzen.
Nach dem Ende der Sowjetunion galt die Unterscheidung »rechter« und »linker« politischer Strömungen als veraltet. In einer globalisierten Welt sollten politische Entscheidungen nicht mehr durch ideologische Kategorien bestimmt, sondern fortan sachgerecht getroffen werden. Spätestens nach den Terroranschlägen von 2001 erwies sich die Vorstellung vom Ende der Geschichte als Illusion. Seitdem kehrt das binäre politische Ordnungsmuster mit Macht zurück, allerdings neu akzentuiert. Kaum ein Mensch will und darf in Deutschland mehr rechts sein. Die Zuschreibung »links« ist hingegen weniger stark negativ belastet. Wie variabel die Positionierung zwischen den beiden Polen allerdings sein kann, zeigt sich mit Blick auf Selbstverständnis und Außenwahrnehmung der Nationalsozialisten und auf die Richtungskämpfe im Kommunismus. Peter Hoeres belegt eindrucksvoll, dass die Renaissance des binären politischen Ordnungsschemas auf Konstanten beruht, die sich durch die gesamte menschliche Geschichte ziehen. »Rechts« war, im Gegensatz zu heute, historisch überwiegend positiv, »links« überwiegend negativ besetzt. Eine politische Umwertung erfolgte erst im Zuge der Französischen Revolution. Mit der zunehmenden normativen Zuspitzung droht das binäre Schema inzwischen zur Gefahr für den Rechtsstaat und das friedliche Zusammenleben in unserer Gesellschaft zu werden.
Heute erleben wir weltweit nicht nur einen massiven Rechtsruck, auch in linken und queerfeministischen Zusammenhängen lässt sich ein Rollback erkennen. Ein alter Klassenkampf-Marxismus wird wiederbelebt, manche entdecken gar den Marxismus-Leninismus neu. Dabei drohen Themen wie Sexismus, Rassismus, Antisemitismus sowie Homo- und Transphobie, wieder zu »Nebenwidersprüchen« zu verkommen. Dieses Buch, das Aufsätze der letzten dreißig Jahre versammelt, setzt diesen Tendenzen die Wert-Abspaltungs-Kritik entgegen, die aus einer Verbindung von Wertkritik und Kritischer Theorie hervorgegangen ist. Sie zielt darauf ab, soziale Ungleichheit, »Rasse«, Geschlecht, Antisemitismus, Antiziganismus, Trans- und Homophobie sowohl in ihrer Eigenlogik als auch ihrem inneren Zusammenhang mit dem gesellschaftlichen Ganzen zu begreifen.
Heiterkeit, Esprit und scharfe Kritik, Seelenkunde und Mitgefühl kennzeichnen das geistige 18. Jahrhundert. Die Beiträge des Bandes widmen sich diesem Zeitraum und seinem Nachwirken; Musik, Literatur, Kunst, Geschichte und Denken haben ihre Auftritte. Sein Titel geht auf Wolf von Niebelschütz‘ 1949 erschienenen Roman »Der Blaue Kammerherr« zurück, der das gesellschaftliche und kulturelle Niveau jener aufgeklärten Modellepoche formulierte. Mit Beiträgen von Götz Aly, Thomas Assheuer, Patrick Bahners, Hartwig und Clarita von Bernstorff, Christian Bommarius, Alexander Cammann, Ulrich Greiner, Hans Gerhard Hannesen, Paul Ingendaay, Harald Jähner, Roland Koberg, Klaus Georg Koch, Michael Krüger, Peter Kümmel, Norbert Lammert, Christine Lemke-Matwey, Martin Mosebach, Achatz Frhr. von Müller, Iris Radisch, Hanno Rauterberg, Jan Ross, Thomas E. Schmidt, Gustav Seibt, Adam Soboczynski, Stephan Speicher und Birgit Walter
Unsere Welt kann völlig verrückt sein. Wir leben in einem Land, in dem Handwerker Termine vergeben wie Audienzen. In dem Teenager alte Langspielplatten nicht mehr auflegen, sondern als Deko an die Wand nageln. Und in dem der morgendliche Brötchenkauf so kompliziert werden kann, dass ihn eigentlich nur noch Fortgeschrittene unfallfrei zu bewältigen in der Lage sind. In seinen »Lüttjen Lagen« spießt Simon Benne mit Wortwitz all die Widersinnigkeiten auf, die unseren Alltag prägen, denn seine pointierten Glossen zeigen, dass man den täglichen Absurditäten am besten mit Humor begegnet. Doch neben skurrilen Beobachtungen erzählt er auch von seinem ganz persönlichen Abenteuer: dem Leben als Vater von vier Kindern – chaotisch, anstrengend und einfach wunderbar.
Eigentlich ist Matthias Brodowy auf der Suche nach einer Idee für sein nächstes Buch. Doch dann entdeckt er einen alten Kaugummiautomaten, der keine Süßigkeiten, sondern Sätze für die Ewigkeit ausspuckt. Was folgt, ist ein Streifzug durch Erinnerungen – und Zufälle, die keine sind. Plötzlich ist alles wieder da: wie er als Kind in einer Kneipe zu unerwartetem Reichtum kam, Tante Irma in einem Sack verschwand und ihm Onkel Heinrich stolz seine Naziuniform präsentierte. Mit feiner Ironie entfaltet der Kabarettist eine literarische Spielerei voller Absurditäten und verblüffender Einsichten – und enthüllt nebenbei, was Günter Grass mit Rieselhilfen verbindet, warum eine Schildkröte einen Mafiamord zu verantworten hat und wieso er gelegentlich den Papst schüttelt.
Seit 1913 heißt die Villa Massimo als Deutsche Akademie in Rom Künstler und Schriftsteller willkommen. Sie verdankt ihre Existenz der großzügigen Stiftung des jüdischen Berliner Unternehmers Eduard Arnhold und bietet Stipendiaten die Möglichkeit, ihren Projekten in arkadischer Umgebung nachzugehen. Die Villa Massimo blickt auf eine bewegte Geschichte zurück. Kaum eröffnet, wurde sie infolge des Ersten Weltkriegs beschlagnahmt und konnte erst 1928 ihren Betrieb wieder aufnehmen. Doch wenig später geriet die Akademie während des Nationalsozialismus zunehmend unter politischen Druck. Zwischen 1942 und 1945 wurde sie gar von der deutschen Luftwaffe als Casino genutzt. Dieser Umstand trug dazu bei, dass die Villa nach Kriegsende vom Alliierten Kontrollrat requiriert wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg dauerte es mehr als ein Jahrzehnt, bis der idyllische Gebäudekomplex an die Bundesrepublik restituiert wurde. Packend schildert Stephan Oswald die diplomatischen Fallstricke, politischen Begehrlichkeiten, rechtlichen Hürden und komplizierten bilateralen Verhandlungen, die der Rückgabe vorausgingen.
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